Großbritannien:Gegner des Irakkriegs wird Außenminister

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Einen Tag nach seinem Amtsantritt hat der neue britische Premierminister Gordon Brown ein radikal umgebildetes Kabinett vorgestellt. Pikant: Den wichtigen Posten des Außenministers übernimmt ein Kritiker des Irakkriegs.

David Miliband heißt der Mann, der das Außenministerium künftig leiten wird. Er wolle als Chefdiplomat "ebenso zuhören wie führen", sagte Miliband in seiner ersten Stellungnahme.

Er werde sich einsetzen "für ein besseres Großbritannien und eine bessere Welt". Miliband wird als großer Hoffnungsträger gehandelt: Es gibt kaum jemanden bei Labour, der in ihm nicht einen künftigen Parteichef und Premierminister sehen würde.

Obwohl er erst 41 Jahre alt ist und äußerlich fast wie ein Jugendlicher wirkt, hat er eine enorme politische Karriere hinter sich. Unter anderem war Miliband Chefberater von Tony Blair, bevor er 2001 als Abgeordneter für den Bezirk South Shields ins Parlament einzog. Seit Mai 2005 führte er das Umweltressort und setzte sich vor allem für den Klimaschutz ein.

Seine Nominierung wird als Zeichen für Browns Bemühungen gedeutet, sich vom Einmarsch britischer Truppen im Irak im Jahr 2003 zu distanzieren, der wohl schwersten politischen Hinterlassenschaft Blairs: Miliband hatte während seines kometenhaften Aufstiegs in der Labour-Partei nie unmittelbar mit Außenpolitik zu tun - gilt aber als Kritiker des Irakkriegs: Er soll die Operation als großen Fehler bezeichnet haben, öffentlich bekannte er sich jedoch nicht dazu.

An die Spitze des Innenministeriums tritt erstmals eine Frau, die 44-jährige Jacqui Smith. Sie ist derzeit als "Chef-Einpeitscherin" ("Chief Whip") im britischen Unterhaus dafür verantwortlich, dass die Labour-Abgeordneten gemäß den Vorgaben der Parteiführung abstimmen. Ihr wird eine große Loyalität zu ihrer Partei nachgesagt. Zum Justizminister wurde der frühere Außen- und Innenminister Jack Straw benannt, während Des Browne seinen Posten als Verteidigungsminister behielt.

Zu seinem Nachfolger als Finanzminister ernannte Brown den früheren Handelsminister Alistair Darling. Er ist ein enger Vertrauter des neuen Premiers und hatte ihm in der Vergangenheit treu zur Seite gestanden. Wie Brown ist Darling Schotte.

Das Amt des Gesundheitsministers übernimmt Alan Johnson. Erziehungsminister wurde Ed Balls, ebenfalls ein Weggefährte Browns. Der Premier hatte angekündigt, der Modernisierung des Erziehungssystems besondere Aufmerksamkeit widmen zu wollen. Entwicklungshilfeminister wurde der bisherige Transportminister Douglas Alexander - auch er ist ein Brown-Vertrauter.

Die Zusammensetzung des Kabinetts bestätigte die Erwartung von Beobachtern, dass Brown neben alten Verbündeten aus seiner Zeit als Schatzkanzler auch junge Hoffnungsträger der Labour-Partei in seine Regierung holen würde. Politiker der Opposition kritisierten allerdings, dass viele der Kabinettsmitglieder bereits unter Blair Regierungsposten bekleidet hätten und nun lediglich auf neue Posten verschoben worden seien.

Blair offenbar erneut vernommen

Die britische Nachrichtenagentur Press Association meldete am Donnerstag unter Berufung auf nicht näher benannte Kreise, Blair sei im Labour-Parteifinanzskandal zum dritten Mal als Zeuge vernommen worden. In der Affäre geht es um Vorwürfe dass britische Parteien illegal Sitze im - nicht wählbaren - Oberhaus gegen großzügige Geldspenden vergeben hätten.

Während Blair selbst nicht verdächtigt wird, in die Angelegenheit verstrickt zu sein, wurden zwei seiner engsten Berater festgenommen.

Die Mitglieder der neuen britischen Regierung im Überblick:

Premierminister: Gordon Brown Außenminister: David Miliband Verteidigungsminister: Des Browne Finanzminister: Alistair Darling Innenministerin: Jacqui Smith Minister für Nordirland: Shaun Woodward Justizminister: Jack Straw Gesundheitsminister: Alan Johnson Erziehungsminister: Ed Balls Ministerin für Frauen und Parlamentsangelegenheiten: Harriet Harman Minister für Arbeit und Renten: Peter Hain Kulturminister: James Purnell Verkehrsministerin: Ruth Kelly Ministerin für Umwelt und Landwirtschaft: Hilary Benn Minister für Handel und Industrie: John Hutton Minister für Entwicklung und Zusammenarbeit: Douglas Alexander Ministerin für Kommunales: Hazel Blair Minister für höhere Bildung und Forschung: John Denham

Weitere Mitglieder des Kabinetts sind: Vorsitzender der Fraktion im Unterhaus: Geoff Hoon Minister für Kabinettsangelegenheiten: Ed Miliband

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