"Größte Haushaltsanierung der Geschichte":Union und SPD wollen 35 Milliarden einsparen

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Mit den Kürzungen von 15 Prozent will die große Koalition 2007 die Maastricht-Kriterien wieder einhalten. Wie genau der Sparkurs gelingen soll, steht noch nicht fest. Die designierte Kanzlerin Merkel forderte "keine Tabus".

Union und SPD einigten sich in den fünfstündigen Koalitionsverhandlungen am Montagabend darauf, den Bundeshaushalt bis 2007 um 15 Prozent zu kürzen. So soll Deutschland schnellstmöglich wieder EU-konform werden.

Fordert einen tabulosen Sparkurs - Angela Merkel, die designierte Bundeskanzlerin. (Foto: Foto: dpa)

Die künftige Kanzlerin Angela Merkel sagte, innerhalb der nächsten 14 Monate müssten ingesamt 35 Milliarden Euro gekürzt werden. Über Wege, wie dies gelingen könne, sei noch nicht gesprochen worden. Es gebe aber "keine Tabus", betonte Merkel.

Damit kommen auf die Menschen beträchtliche Einschnitte zu. Die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einer "schweren Last, einem schweren Erbe" nach sieben Jahren Rot-Grün. "Wir stehen vor riesigen Herausforderungen". Aber der Wille sei vorhanden, die Herausforderungen zu meistern.

"Absolute Einigkeit"

Für das kommende Jahr seien die Lücken mit Einmalmaßnahmen - vor allem mit Privatisierungen - zu schließen. Im Gespräch war hier bei der SPD ein Volumen von 15 Milliarden Euro.

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber erklärte, Deutschland stehe "vor der größten Haushaltssanierung" seiner Geschichte. Es gebe "absolute Einigkeit", dass 2007 die Verschuldungskriterien von Maastricht wieder einhalten werden müssten. Dafür darf die Neuverschuldung drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten.

Zum Streit über seine künftigen Kompetenzen sagte der designierte Wirtschaftsminister Stoiber, die Abgrenzung werde derzeit konzipiert. Es gehe ihm um Befugnisse bei der Luft- und Raumfahrt, den neuen Technologien und dem Binnenmarkt. Merkel sagte, sie sei "ziemlich sicher, um nicht zu sagen ganz sicher", dass diese Abgrenzung zu anderen Ressorts auch gelingen werde.

"Kein Ergebnis ohne Belastung"

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sagte, den Haushalt zu konsolidieren und gleichzeitig mehr Arbeitsplätze zu schaffen, sei einen "Riesenherausforderung für die Koalition". Auf die Frage, ob die Mehrwertsteuer erhöht werde, erklärte Müntefering lediglich: "Wir haben nicht über konkrete Maßnahmen gesprochen." Er fügte hinzu: "Platz für Steuersenkung ist ganz sicher nicht."

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sagte, die wichtigste Erkenntnis bei den Verhandlungen sei gewesen, "dass 2007 der Haushalt 35 Milliarden Euro weniger sein muss als 2005". Das sei die größte Haushaltseinsparung in der Geschichte der Bundesrepublik. "Es wird kein Ergebnis ohne Belastung sein." Kochs Einschätzung zufolge könnten durch die Kürzung von Subventionen ein bis zwei oder zwei Milliarden Euro eingespart werden.

Nach Informationen der Bild-Zeitung diskutieren die Unterhändler derzeit auch über eine Mehrwertsteuererhöhung in Stufen. Der volle Steuersatz soll in mindestens zwei Schritten zunächst von 16 auf 18 Prozent und danach weiter auf 20 Prozent angehoben werden. Davon versprechen sich die Ökonomen der Großen Koalition zusätzliche Mittel von bis zu 30 Milliarden Euro.

Schröder: Das kann gut werden

Zudem wird laut Bild erwogen, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von derzeit sieben Prozent auf die Lebensmittel zu konzentrieren. Für Produkte wie beispielsweise Tierfutter, Blumen und landwirtschaftliche Rohstoffe soll künftig der volle Mehrwertsteuersatz erhoben werden.

Der scheidende Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, er sei sicher, dass sich Union und SPD bis Mitte November auf eine "gute Regierung" einigen werden. Zwar gebe es derzeit noch viele Dissonanzen und zu wenig Harmonie. "Ich bin aber überzeugt, dass das gut werden kann", erklärte Schröder.

Der scheidende Finanzminister Hans Eichel (SPD) nannte die Sanierung des Bundeshaushalts ein schwieriges, aber lösbares Problem. "Eine große Koalition rechtfertigt sich dadurch, dass sie große Probleme anpackt."

Unüberwindliche Hürden zum Schluss

Beide Seiten wollen in den nächsten Tagen weiter beraten. An diesem Donnerstag steht die dritte Verhandlungsrunde an. In der nächsten Wochen sollen die unstrittigen Themen behandelt werden. Die derzeit noch"unüberwindlichen Hürde" sollen in der vierten Woche angepackt werden.

In der kommenden Woche solle auch eine Zwischenbilanz aus den Arbeitsgruppen gezogen werden. Bereits am Montagabend wurden nach den Worten Merkels erste Berichte vorgelegt. Beim Thema Arbeitsmarkt gebe es naturgemäß noch erheblichen Klärungsbedarf.

Auch in der Arbeitsgruppe Umwelt müsse noch weiter gearbeitet werden insbesondere beim Thema Energie. Umstritten ist hier vor allem die Unions- Forderung nach längeren Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke. In der Außen- und Europapolitik sowie bei der Verteidigungspolitik gebe es dagegen "erhebliche Fortschritte".

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