Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Anders als die Schwarzmaler immer behaupten, ist die Geschichte der Menschen in Wahrheit eine einzige Abfolge goldener Zeitalter. Gerechte Herrscher regierten, der Mann war als Haushaltsvorstand akzeptiert, Sitten wurden gewahrt, Ordnungen gehalten, die Jungen begehrten nichts anderes, als an der Weisheit der Alten teilzuhaben und deren Erzählungen zu lauschen. Als bedauerlich muss nur gelten, dass diese so herrlich geordnete Welt grundsätzlich niemals in der eigenen Zeit zu erleben, sondern stets ein Privileg der Vergangenheit war und ist. Deshalb sind sie alle vorbei, die goldenen Zeitalter der Malerei, der Bohème, des Friedens, des Königtums, der stählernen Schlachtschiffe, des Tango, der Science-Fiction-Romane. Dass der Pädagoge Bernhard Bueb das goldene Zeitalter des Rohrstocks herbeigesehnt habe, ist aber angeblich ein Gerücht. Er meinte nur ein Lob der Disziplin, die diesen aufsässigen kleinen Nichtsnutzen von heute so beklagenswert fehle. Bemerkenswerter erscheint das 1724 von Captain Charles Johnson genannte "goldene Zeitalter der Piraterie". Die von den Kaperfahrern Überfallenen dürften jene Epoche als durchaus weniger gülden und gerecht betrachtet haben, weshalb sie gefangene Seeräuber gern zur Fütterung der Haifische verwendeten.

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