Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Wenn die Spitzenkandidaten vor Wahlen zum Fernsehduell aufeinandertreffen, hilft in der Regel nur eines: Bloß nicht die Einschalttaste drücken, bloß nicht mit Bier und Kartoffelchips vor der Glotze hocken bleiben. Wer nicht riskieren will, vor Langeweile mit vollem Mund einzuschlafen und den Erstickungstod zu erleiden, ergreife die Flucht, renne hinaus ins pralle Leben, also etwa in den Keller, der endlich entrümpelt werden muss. Alles ist besser, als einer Debatte beizuwohnen, für die nach monatelangen Verhandlungen unter Aufsicht von UN-Beobachtern ein Reglement entworfen wurde, das festlegt, wie lange jeder Kandidat reden darf - es wird in Tausendstelsekunden gemessen, wie beim Bobsport -, wie viele Moderatoren es gibt, ob alle Geschlechter, Haarfarben, Schuhgrößen und Intelligenzquotienten vertreten sind, welcher Politiker ausreden darf und welcher nicht, ob auch Frauen ausreden dürfen (ja, aber nicht zu oft), wer das Recht hat, beleidigt zu sein, und bei wem das Studiopublikum klatschen muss. Zuschauer, die nach so einer Therapiesitzung schlauer sind als zuvor, haben einfach nicht zugehört.

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