(SZ) Sucht ein Mensch eine Wohnung. Geht ins Internet, gibt ein Inserat auf. Bemüht sich, so langweilig zu klingen, wie es ihm in seiner Langweiligkeit nur möglich ist: Verehrte Vermieterinnen und Vermieter, wegen Eigenbedarfs meines bisherigen Vermieters, für den ich natürlich völliges Verständnis habe, suche ich eine neue Wohnung in Hamburg. Rostock ginge aber auch. Kurz zu mir: Ich, 46, auf Lebenszeit verbeamtet, still, apathisch, keine Kinder, keine Haustiere, keine Freunde, keine Beziehung, Nichtraucher, Nichtkocher, höre ungern Musik und lade niemanden ein. Wenn ich doch mal eine Regung zeige, was höchstens alle zwei Jahre und nur in den Kernzeiten zwischen 15 und 19 Uhr vorkommt, lese ich Adalbert Stifter oder lege mein Lieblingspuzzle, London bei Nacht. Ich bin Wochenendheimfahrer, also kaum da, damit sich Parkett und Fahrstuhlknöpfe nicht abnutzen. Bei Interesse lege ich Ihnen gerne eine Bonitätsprüfung, ein psychologisches Gutachten sowie mein Abiturzeugnis vor. Größe der Wohnung: ab zehn Quadratmeter, Miete: maximal 3000 Euro. Von Ihnen zu hören, verehrte Vermieterinnen und Vermieter, wäre das Schönste, was mir in diesem Mieterleben überhaupt noch widerfahren könnte. Ihr hoffentlich künftiger Mieter.
Glosse:Das Streiflicht
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