Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Es ist immer ein großer, ja erregender Moment, wenn man einen Geldbeutel findet, den offensichtlich jemand verloren hat. Tausend verheißungsvolle Gedanken blitzen auf, Glückshormone ergießen sich im Körper wie beim Anblick eines geliebten Wesens, ehe sich alle Lebensgeister auf eine einzige Frage konzentrieren: Was ist da drin und vor allem wie viel? Reicht es für ein Dinner mit Freunden beim Drei-Sterne-Koch, oder muss man, wie beim letzten Fund, mit einem Döner zum Schülerpreis vorliebnehmen? Steckt im Portemonnaie der Etat für einen zweiwöchigen Urlaub auf Sylt oder nur für eine Billigpauschalreise nach Thailand? Man wagt kaum, die Geldbörse zu öffnen, so lustvoll sind die Augenblicke der Ungewissheit, die in der tollkühnen Erwartung gipfelt, beim Öffnen Karten für Bayreuth zu finden, wenn nicht gar die Reservierung für ein Oktoberfestzelt. Letzten Endes läuft alles auf die Frage hinaus: Enthält der Beutel etwas Wertvolles, oder kann man ihn guten Gewissens ins Fundbüro tragen?

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