Das Streiflicht

(SZ) Wann hat eigentlich das letzte Mal jemand gesagt: Prima, dass du unsere Verabredung vergessen hast! Das ist ja toll, wie schnell dir alles entfällt, du brillantes Sieb! Stattdessen immer nur das biedere, seit den ersten Wackelschritten im Kindergarten eingeübte "Das hast du dir gut gemerkt!" Die Buchhandlungen sind voller Ratgeber zum Gedächtnistraining, bei denen eine Eselsbrücke nach der anderen gebaut wird, und wir Esel haben nichts Besseres zu tun, als tagein, tagaus darüber zu laufen. Nirgendwo ein Buch, das "Wie man sich am besten nichts merkt" heißt. Klar, in Deutschland ist Vergesslichkeit in Sachen Nazizeit zu Recht sehr schlecht angesehen. Und grundsätzlich wirkt es degoutant, das Vergessen zu loben, wenn es eine schreckliche Krankheit wie Alzheimer gibt. Trotzdem weisen Psychologen und Neurowissenschaftler immer wieder darauf hin, dass mit das Tollste an unserem Gedächtnis die Fähigkeit ist, Gespeichertes ständig zu löschen, um Platz für Neues zu schaffen und nicht vor lauter Fakten verrückt zu werden. Donald-Trump-Fakten zum Beispiel.