Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Ob Jesus Bartträger war, ist ungewiss. Aber er trug ganz bestimmt Sandalen, denn die gehörten, wie die Historiker sagen, zur 08/15-Mode in seinem Kulturkreis. Darum ist "Quo vadis?" ein so genialer Titel: "Wohin gehst du?" Nichts gegen Luthers "Hier stehe ich. Ich kann nicht anders", aber "Quo vadis?" ist noch suggestiver. Die Frage des Petrus an seinen Herrn stellt das ambulante Wesen des Urchristentums vor Augen, dessen Herkunft aus Flucht, Nomadentum und geistigen Prüfungen im heißen Wüstensand. Der polnische Katholik Henryk Sienkiewicz hatte dafür den richtigen Riecher, als er seinen Roman über die Christenverfolgungen zur Zeit Neros schrieb. Seine volle Wucht entfaltete das "Quo vadis?" aber erst als Titel des ultimativen Sandalenfilms. Die Cinemascope-Sandale im Monumentalfilm gehört zu den heroischen Requisiten des zwanzigsten Jahrhunderts, wie der Mosesstab, den Charlton Heston in "Die zehn Gebote" schwang.

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