Glosse: Das Streiflicht

(SZ) Immer wieder spielen sich in unseren Restaurants und Gasthäusern erschütternde Szenen ab. Bitte kein Grün, sagen die Eltern bang zum Servicemitarbeiter, bloß kein Grün auf die Nudeln für das Kind. Aber der Servicemitarbeiter hört nicht. Wenn er mit dem Nudelteller kommt, liegt ein feiner Teppich von Petersilie darauf, und aus der Kinderecke ertönt sogleich ein schauerliches Geheul. Manche ältere Mitbürger missbilligen solche Szenen scharf. Sie erinnern einander dann an die guten alten Zeiten, als der Familienvorstand unter Androhung unmittelbaren Zwangs niemanden aufstehen ließ, bevor alle alles aufgegessen hatten, und sei es den in Sauerkraut gekochten Schweinebauch oder Graupensuppe des Grauens, die Oma Hertha vorzugsweise reichte. Heute weiß man, dass solche Zeiten eher alt als gut waren und der Aufesszwang unzählige traumatische Belastungsstörungen auslöste. Erwachsene Männer fangen an zu weinen, wenn sie eines Beutels Graupen ansichtig werden; allerdings kann dies auch an den Preisen liegen, die man heute im Ökomarkt dafür verlangt. Frauen werden von nächtlichen Spukgesichtern heimgesucht, in denen Oma Hertha gebieterisch mit der Speckschwarte wedelt. Felix Brummer, Sänger von Kraftklub, hat, wie er nun Zeit Campus wissen ließ, mithilfe seiner Band über viele Jahre versucht, alle Kühlschränke leer zu trinken, denen er im Laufe seiner lebhaften Karriere begegnete. Es sei unmöglich, so die Einsicht des Barden, "alle Kühlschränke der Welt leer zu trinken".