Glosse: Das Streiflicht

(SZ) Um die Höflichkeit ist es vielerorts, um nicht zu sagen allerorten, schlecht bestellt - wie sollte es auf dem Gebiet der Sprachkritik anders sein? Schopenhauer hat auch auf diesem Feld Maßstäbe gesetzt, indem er die Verhunzung von Grammatik und Sprachgeist den "nichtswürdigen Tintenklecksern" zuschrieb, also den Journalisten, und den Gelehrten vorwarf, dass sie diesen "Lumpenhunden" nacheiferten, statt sich ihnen zu widersetzen. "Es ist", polterte er, "ein Wettstreit der Dummheit und Ohrenlosigkeit." An diesem Ton hat sich nichts Wesentliches geändert. Die Fachlinguisten zum Beispiel machen sich über die Laienlinguisten nur allzu gern lustig und ordnen deren Sprachkritik - meist eine Sprachverfallsklage - unter die Altherrenvergnügungen ein. Die Amateure ihrerseits unterstellen den Wissenschaftlern, neben sich niemanden in ihrem "Gärtchen Eden" (Dolf Sternberger) dulden zu wollen. In neuerer Zeit hat sich die vormals doch recht vielfältige sprachbezogene Flegelei zu einem Begriff geballt: zum "Deppen"-Kompositum.