(SZ) Was wir in der Schule lernen, wissen wir fürs Leben. Oder eben nicht. Der Kalte Krieg heißt so, weil er im Winter geführt wurde. Frau Honecker hat die DDR regiert und mit Vornamen Ära geheißen; Ära Honecker fand ihr Ende, nachdem sie die Mauer geöffnet und die D-Mark eingeführt hatte. Hannibal war bekanntlich ein Serienmörder und Menschenfresser, irgendwie war da auch was mit Elefanten; aber deswegen ist das FBI wohl nicht hinter ihm her gewesen. Dschingis Khan hat beim Grand Prix mitgesungen, glaub' ich. Die OsmanInnen befreiten 1453 Konstantinopel von der Herrschaft alter weißer Männer. In Eugène Ionescos Drama "Rhinocéros" kommen die Aliens in Nashornform auf die Erde, um die Menschen niederzutrampeln. Homers Ilias handelt von der Schlacht der Gabeln und Gesänge. Martin Luther änderte die Geschichte, als er seine 95 Besen an eine Tür nagelte; später hat er mit ihnen die katholische Kirche ausgefegt.
Menschen, die derlei fast täglich zu lesen bekommen, nennt man Geschichtslehrer. Mit der Zeit beziehen sie den Satz Voltaires, die Geschichte sei nur ein Gemälde von Verbrechen und Drangsalen, immer mehr auf ihr Leiden an den Schülern und deren Unverstand. Ja, mein Junge, Attila mag ein beliebter Name für deutsche Schäferhunde sein, aber das führt nur partiell zu der Antwort, auf die ich hinauswollte. Nun sind Geschichtslehrer mit solchen Belastungen nicht allein (Frage in Physik: Wie heißt die Kraft der Beschleunigung? Antwort: Maserati). Aber wer die großen Fragen unserer Zeit historisch erklären möchte, blickt eben besonders verbittert in die toten Augen der 8c, wenn er morgens die Tür zum Klassenzimmer öffnet. Umgekehrt halten viele Schüler Geschichtslehrer für Besserwisser, deren Storys wirklich so was von gestern sind. Der übelste Vertreter der Zunft ist freilich fast ausgestorben: Das war der Joachim-Fernau-Typ. Der hatte seine schönste Zeit im tausendjährigen Reich gehabt und gab seine Obsessionen und Vorurteile von damals unverdrossen als kostbares Bildungsgut aus, von dem die verzogenen, rotzigen Kröten heute leider gar keine Ahnung mehr hätten, genau wie von unserem deutschen Vaterlande und der Schande, die uns die Sieger - und so weiter und so fort.
Vielleicht ist ein Thüringer Landespolitiker der AfD, obgleich jüngeren Jahrgangs, der letzte Geschichtslehrer dieser Art. Nun, nach seiner einschlägigen Wutrede, hat sein Fachverband wenig Gutes über den Kollegen und dessen Kenntnisse in Sachen Zeitgeschichte und Holocaust zu sagen gewusst. Die Note lässt sich mit "setzen, sechs" noch gnädig zusammenfassen. Der Mann selbst hatte angekündigt, er wolle nun "Geschichte schreiben". Das ist eine gute Idee. Starten wir gleich mit der ersten Aufgabe, Grundwissen für Anfänger: Wer hat noch mal den Zweiten Weltkrieg begonnen?