Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Sicher, es gibt Schlimmeres, als Fan von Borussia Mönchengladbach zu sein. Man könnte zum Beispiel in den Fluss fallen oder (wäre man Günther Oettinger, der sich, wie er kürzlich erklärte, in diesem Fall lieber erschießen würde) mit Frauke Petry verheiratet sein oder, aber jetzt wird es wirklich hart, zu den Anhängern von 1860 München zählen. Das wäre wirklich traurig. Man hockte dann mit den Gleichgesinnten im düsteren Löwenstüberl, dächte an bessere Zeiten zurück, die es eigentlich niemals gab, und die einzige Freude wäre eine der gelegentlichen Niederlagen des FC Bayern, die man mit wilder Verzweiflung feiert. Andererseits erwartet auch niemand von den Sechzigern, dass sie Spiele gewinnen und Pokale holen. Jeder weiß, wenn die Löwen im viel zu großen leeren Stadion gegen Erzgebirge Aue oder Bochum kicken, dass sie wahrscheinlich wieder alt aussehen werden, denn sonst wären sie ja nicht die Löwen. Solche Vereine sind eigens gegründet worden, um den Mühseligen und Beladenen Trost zu spenden. Früher wohnten der Henker und der Abdecker und der Hundefänger am Rande der Stadt in elenden Katen, und wer dort vorbeikam, dem konnte es selber noch so übel ergehen, er schätzte sich dennoch schaudernd glücklich, nicht zu diesen Elenden zu gehören. Wem heute das Leben wirklich dumm reinläuft, der darf sich immer noch sagen: Ich könnte ja auch bei den Sechzigern spielen, dann ginge es mir wirklich schlecht.

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