Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Die Reue ist ja von Natur aus eine eher unschöne Regung; sie stellt sich zumeist in der Nachbereitung und Schlussbewertung einer Tat oder einer Entscheidung ein und führt letztlich zu - gar nichts. Außer vielleicht zu einem Gefühl der Schuld und der Untröstlichkeit. Früher ging man, sofern man etwas zu bereuen hatte, in den Beichtstuhl und ließ sich dort eine Absolution erteilen oder eine vergleichbare Erleichterungshilfe geben. Wenn das nicht ausreichte, zog man sich ein Büßergewand über und machte sich auf den Weg durch dornenreiche Trockengebiete, um irgendwann von einer Eremitenhütte aus hinunter ins Tal zu blicken, wo sehr viele Menschen herumlaufen, die Blödsinn gemacht haben, deswegen aber gar keine Reue empfinden. Es wurde also irgendwann dringend notwendig, die Reue neu zu formatieren. Anders gesagt: Die Reue benötigte irgendwann einen weniger freudlosen Anstrich, eine neue Sexyness, mit der man sich in Familien-Foren einen Namen machen konnte.

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