Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Eines vorweg: Der Veganer ist der bessere Mensch. Man spürt das sofort, wenn er beim sommerlichen Grillfest seine Mohrrübe auf den Rost legt und dabei die in größtmöglichem Sicherheitsabstand brutzelnden Schweinenackensteaks kurz beäugt. In diesem Blick liegt dasselbe Entsetzen, mit dem die Verdammten in Michelangelos Jüngstem Gericht in die Hölle starren, wo auch Fleisch gegrillt wird, nur nicht vom Schwein. Das ist schlimm, aber noch schlimmer, ja geradezu niederschmetternd ist das Hochziehen der linken Augenbraue, mit dem der Veganer signalisiert, dass die Schweinenackengriller schuld sind an Massentierhaltung und dem verwerflichen Treiben von Schönheitschirurgen, die menschliche Fettbäuche absaugen. Dazu liegt seine Mohrrübe wie ein Flammenzeichen auf dem Grill, ein Fanal mit der Botschaft: Du musst dein Leben ändern. Angesichts dessen wagen nur ganz hartgesottene Griller, ihre Steaks noch vom Rost zu holen und damit ein Bekenntnis zum Schwein abzulegen. Der Rest verkohlt, mit Ausnahme der Karotte.

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