Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Der 1. Mai liegt schon einige Monate zurück, aber aus aktuellem Anlass bietet es sich an, noch einmal auf die deutsche Hauptstadt zu schauen. An diesem Tag ist sie die Hauptstadt der linken Chaoten. Dann versammeln sich dort vermummte Menschen, um möglichst viele Steine in möglichst kurzer Zeit auf Leute zu werfen, die sie "Schweine" nennen. Das ist aus vielerlei Hinsicht problematisch, auch aus sprachlichen Gründen. Der Linguist Franz Dornseiff hat in seinem Standardwerk "Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen" schon vor langer Zeit mit dem Mythos aufgeräumt, dass es Synonyme gibt. Das sind unterschiedliche Wörter, die das Gleiche bezeichnen. Synonyme sollen Texte abwechslungsreicher machen, Journalisten suchen ständig danach. Macht mal, sagt Dornseiff, aber es gibt überhaupt keine Synonyme: Jeder Matrose ist ein Seemann, aber nicht jeder Seemann ist ein Matrose. Sprache ist laut Dornseiff brutal effektiv. Also, ihr Steinewerfer von Berlin, das Schimpfwort für Polizisten ist "Bulle". Alles andere versteht kein Schwein.

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