Glosse: Das Streiflicht

(SZ) Nicht einmal der Fortschritt ist noch das, was er mal war. Das zeigt sich auf den großen Entwicklerkonferenzen, die gerade wieder in den USA laufen. Bevor diese zu Universalruhm kamen, gastierte der Fortschritt auf Weltausstellungen und mit ihm all die zukunftsfrohen Männer in Tweed-Sakkos, die heiter flanierten, an ihren sinuskurvigen Schnurrbärten schraubten und fast nebenbei das Universum neu erfanden oder auch nur den Vergaser. Heute ist es eher so, dass Technologen in T-Shirts jedes Jahr ein weiteres Körperteil anvisieren, für das man bitte jenes Bändchen, dieses Knöpfchen oder folgendes Bildschirmchen kaufen solle. Die Technik werde immer menschlicher, jubeln die Erfinder jedes Jahr. Und sie werden mit ihrem vielen Geld längst in einsamen Berghütten sitzen, wenn man eines Tages komplett verkabelt, aber ratlos im Flur zusammenbricht, weil man nicht weiß, woher dieses blöde Klingeln kommt. Ein Anruf am Headset? Schon wieder Bluthochdruck? Wäsche fertig? Hoffentlich findet man dann wenigstens den Notrufknopf, auf dass eine Johanniter-Drohne herangesurrt kommt und einen ins Spital bringt.