Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) In den Zwanzigerjahren - nur die Allerreifsten unter uns werden sich an diese flotte Epoche erinnern - wurden die Menschen mit sogenannten Badesaisonschlagern auf das sommerliche Schwimmvergnügen eingestimmt. Kesse Melodien, ja damals konnte man mit dem Wort "kess" noch punkten, sowie burschikose Texte machten in Wintergarten-Soireen und auf Schellack-Platten Lust und Laune, in das schlauchartige Badekostüm zu schlüpfen und nach dem Sprung ins Wasser eine Schwimmhilfe heranzuziehen. Die erotische Lässigkeit der Weimarer Kultur prägte damals die Begriffe, und wenn Unkundige heute Siegwart Ehrlichs Lied "Amalie geht mit 'nem Gummikavalier" hören, glauben sie, es handele sich dabei um eine männliche Erotik-Puppe, die gemeinsam mit der Schwimmerin das öffentliche Ärgernis erregt. Zur Entwarnung: Ein Gummikavalier war nichts weiter als ein Schwimmreifen, und selbst die auf Zucht und Sitte eingeschworenen Bademeister jener Jahre standen mit wissendem Heinz-Rühmann-Schmunzeln am Beckenrand, wenn der stumme Begleiter einer unsicheren Schwimmerin behilflich war.

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