Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Bei jedem Kinde kommt die Zeit, da tritt es mit anklagendem Blick vor die Eltern hin und spricht: Ich will ein Tier. Das ist der Moment, der einzige Moment, in dem ein klares, festes, konsequentes "Niemals" noch etwas ausrichtet. Klarheit, Festigkeit, Konsequenz: Davon lernen unsere Kinder fürs Leben. Die meisten Eltern wissen das. Leider zu spät. Sie haben den Augenblick, dem Tierwunsch Einhalt zu gebieten, versäumt: Vielleicht lernt der Kleine ja Verantwortung, wenn er sich um ein Lebewesen kümmern muss? Das Tier wurde gekauft. Aber ach. Kinderwünsche sind flackernde Schatten und längst fort, wenn der Köter, der als Welpe so süß war und auf der Stelle gekauft werden musste, nun gealtert und vorwurfsvoll unter dem Küchentisch hockt. Fort sind auch die Kinder, hinausgegangen ins Leben, und zwar ohne Hund. Dies führt leicht zu unerfreulichen Situationen. Der Hund sucht seinen neuen Lebensinhalt vielleicht darin, dem Paketboten aufzulauern oder besser den Paketboten, die tagaus, tagein an unseren Türen schellen. Oder die Molche im Terrarium: Sie unternehmen ständige Fluchtversuche und neigen schon bei kleinen Missverständnissen in Fütterung und Pflege zu rascher Skelettierung. Der Papagei zernagt die Türkanten, er beleidigt Besucher: Hast du Problem, isch mach disch platt! schreit er, sobald er Tante Hertha sieht. Das hat ihm der Jugendliche noch beigebracht, bevor er den Vogel bei den Eltern ließ.

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