Giuliana Sgrena:"Ich hatte Angst, weil die Amerikaner im Irak gefährlich sind"

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Die aus den Händen irakischer Geiselnehmer befreite italienische Journalistin hat ihre schweren Vorwürfe gegenüber den USA relativiert. Dennoch macht Sgrena sie verantwortlich für den Tod Nicola Caliparis, um den sie trauert wie um einen guten Freund.

In einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung Die Zeit sagte Sgrena, es gehe ihr zwar gesundheitlich schon besser, ansonsten fühle sie sich jedoch deprimiert.

Der Tod des Geheimagenten Nicola Calipari ging ihr sehr nahe: "Es ist tragisch. In dem Moment, in dem ich mich frei fühle, stirbt der Mensch, der mich befreit hat. Er stirbt in meinen Armen, weil er sich schützend über mich wirft. Der Schmerz darüber zerreißt mich." Sie habe den Mann vom Geheimdienst nur eine halbe Stunde lang gekannt, er sei ihr jedoch wie ein langjähriger Freund erschienen.

Entführer warnten vor Amerikanern

Auf den tragischen Ausgang ihrer Befreeiung angesprochen, zeigte sich die Journalistin erneut empört, dass die US-Armee von einem Unfall spricht. Wenn einfach "drauflosgeschossen" werde, könne man nicht von einem Unfall sprechen. Den Einwand, dass die Soldaten des Panzerwagens möglicherweise nicht Bescheid wussten, ließ Sgrena nicht gelten: "Das kann sein. Aber dann bleibt immer noch die Frage, wer sie hätte informieren müssen. Irgendjemand ist verantwortlich."

Trotz dieser Anklage nahm die Italienerin Abstand von ihrem ersten Vorwurf, es habe sich möglicherweise um einen gezielten Angriff auf ihre Person gehandelt. Sie habe keine besonderen Informationen aus dem Irak mitgebracht. "Ich hatte Angst, weil die Amerikaner im Irak gefährlich sind", sagte Sgrena der Zeit. Ihre Entführer hätten sie ausdrücklich vor "den Amerikanern am Flughafen" gewarnt.

Von der Solidaritätswelle in Italien habe sie nur wenig mitbekommen. Lediglich am zweiten Tag ihrer Entführung habe sie eine kurze Nachricht im Fernsehen sehen dürfen. "Ein Foto von mir hing am Kapitol. Das hat mir sehr, sehr geholfen."

Sgrena erzählt weiter, sie habe zwei ihrer Entführer, die immer bei ihr waren, besser kennengelernt. Sie hätten sich religiös gegeben und die Italienerin mit dem Satz: "Wir gehören nicht zu den Kopfabschneidern" beruhigen wollen. Im Grunde aber seien sie politisch motiviert gewesen. "Sie waren keine 'Wilden'. Sie waren gebildet und hatten einen Sinn für Politik."

Die Frage, ob sie eine gewisse Sympathie für deren Ziele entwickelt habe, wies die Journalistin vehement zurück. "Ich empfinde keinerlei Sympathie gegenüber meinen Entführern, sondern großen Zorn."

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