Gewalt an Schulen:Mit sechs Polizisten gegen die Eskalation

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Es ist nur eine erste Maßnahme: Zum Unterrichtsbeginn haben Polizeibeamte den Schülern an der Rütli-Hauptschule in Berlin Gespräche über die Situation angeboten. Aber "es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Probleme mit der Polizei gelöst werden können", warnt Schulsenator Bögner.

Nach dem Hilferuf ihrer Lehrer steht die Rütli-Hauptschule im Berliner Problembezirk Neukölln seit Freitag unter Polizeischutz.

Sechs Beamte in Streifenwagen boten Schülern zum Unterrichtsbeginn Gespräche über die Eskalation der Gewalt an ihrer Schule an.

Schulsenator Klaus Böger (SPD) sagte am Morgen vor der Schule, er habe von den Problemen der Lehrer erst durch die Presse erfahren. "Hier gibt es keine schnellen Lösungen", sagte Böger weiter.

Die Lehrer der Schule hatten sich wegen der eskalierenden Gewalt mit einem verzweifelten Hilferuf an die Schulverwaltung gewandt. 80 Prozent der Schüler stammen aus Migrantenfamilien.

Nach Rücksprache mit dem Polizeipräsidenten und der Schule sei beschlossen worden, dass Taschenkontrollen der Schüler nicht nötig seien, sagte Böger.

"Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Probleme mit der Polizei gelöst werden können."

Den Einsatz der Polizei hatte Böger am Vortag nach dem Bekanntwerden der Probleme an der Schule angeordnet.

Am Vormittag wollte auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), mit den Lehrern sprechen.

Bürgermeister: Kernproblem sind Defizite im Elternhaus

Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) sagte, Kernproblem der ausufernden Gewalt seien Defizite in den Elternhäusern der Schule.

Nach Aussage eines Polizeisprechers gibt es an der Rütli-Schule nicht mehr offiziell registrierte Straftaten als an anderen Berliner Schulen.

Der Landeselternausschuss forderte den Senat auf, die notwendigen personellen und materiellen Voraussetzungen zu schaffen, um die besonderen Probleme an der Rütli-Schule umgehend zu lösen. Gleichzeitig müssten aber auch Schulen mit ähnlichen Problemsituationen entsprechende Unterstützung erhalten.

"Die Situation an der Rütli-Schule ist leider kein Einzelfall", sagte der Vorsitzende des Landeselternausschusses, André Schindler. Deutliche Kritik übte er an der regionalen Schulaufsicht. Die Probleme an der Rütli-Schule, insbesondere die Nichtbesetzung der Schulleiterposition, deuten auf schwerwiegende Defizite im Management der Außenstelle Neukölln hin.

Nach Ansicht der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) müssen Lehrer und Polizei rechtzeitig gemeinsame Strategien gegen Gewalt an Schulen entwickeln.

"Wenn die Polizei kommt, dann ist im Regelfall das Kind schon in den Brunnen gefallen. Wir müssen früher miteinander reden", sagte der Gewerkschafts-Vorsitzende Wolfgang Speck in Berlin.

Die Berliner CDU hat dem rot-roten Senat und insbesondere Schulsenator Klaus Böger (SPD) "komplettes Versagen" in der Schulpolitik vorgeworfen. "Wenn Herr Böger sagt, er wisse von solchen Zuständen nichts, dann spricht das ja für sich", sagte der Spitzenkandidat der Berliner CDU, Friedbert Pflüger, am Freitagmorgen im rbb-Inforadio.

Inzwischen konnte Böger einen neuen Direktor für die Rütli-Schule vorstellen - allerdings nur einen kommissarischen Rektor: Helmut Hochschild ist bereits Rektor der Paul-Löbe-Schule in Reinickendorf.

Die bisherige Schulleiterin ist seit Anfang des Schuljahres krank und wird in den Ruhestand gehen. Für die Stellvertretung hatte sich seit Jahren niemand gefunden. Es gab eine kommissarische Leitung aus dem Kreis der Lehrer.

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