Gesundheits-Kompromiss:Beck drohte angeblich mit Rücktritt

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Öffentlich geben sich die Koalitionsspitzen zufrieden mit der Gesundheitsreform, auch SPD-Chef Beck. Parteiintern soll er jedoch das Vorhaben mit der Brechstange durchgesetzt haben.

Der SPD-Vorsitzende sagte, die Patienten würden "die Gewinner sein". Die Bundesregierung habe eine "vernünftige Regelung" gefunden. Dennoch hätte er sich ein stärkeres Umsteuern gewünscht, sagte Kurt Beck der Mainzer Allgemeinen Zeitung: "Beiträge runter und dies mit Steuern kompensieren - aber man muss in einer Koalition auch kompromissfähig sein." Beck warf dem Koalitionspartner Union vor, am Wochenende überraschend die Linie geändert zu haben. Dies habe die Verhandlungen erschwert.

Noch ungemütlicher als mit der Union waren offenbar die Gespräche mit den Spitzengenossen für Beck. Die Bild-Zeitung berichtet, dass er seinen Verbleib als Parteichef an die Zustimmung der SPD-Spitzengremien zur Reform geknüpft habe. Im Vorstand habe er laut Teilnehmern vor der Abstimmung gedroht: "Wenn ihr diesen Kompromiss ablehnt, dann ist die SPD nicht regierungsfähig und ihr beschädigt mich als Parteivorsitzenden. Dann könnt ihr euch einen anderen suchen!"

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte die beschlossene Beitragssatzerhöhung. 2007 sei ein Übergangsjahr auf dem Weg zu einer teilweisen Finanzierung des Systems über Steuermittel, sagte Schmidt im Deutschlandfunk.

Man brauche das Geld, "denn wir wollen, dass die Kassen schuldenfrei in ein neues System starten können". Die Alternative zu höheren Beiträgen sei die Ausgrenzung etwa von Unfällen aus der gesetzliche Krankenversicherung gewesen. Schmidt bedauerte, dass die privaten Krankenkassen nicht stärker in die Finanzierung des Gesundheitssystems einbezogen werden. "Das hätte ich mir gerne anders gewünscht."

Kauder zuversichtlich

Der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) rechnet damit, dass seine Fraktion die Eckpunkten der Gesundheitsreform akzeptiert. "Heute Nachmittag wird die Fraktion zustimmen", sagte Kauder dem ZDF. "Wir haben ein gutes Stück Arbeit erledigt."

Die Kritik des Vorsitzenden der Jungen Union (JU), Philipp Mißfelder, der demographische Wandel sei bei dem Reformvorhaben nicht bedacht worden, wies Kauder zurück. "Das hätte bedeutet, dass wir pro Versichertem hätten 20 Euro zusätzlich verlangen müssen, um eine Altersrückstellung machen zu können."

Um das zu finanzieren, hätten entweder doch Steuern erhöht, Leistungen ausgegrenzt oder die Beiträge noch stärker angehoben werden müssen, sagte Kauder.

Westerwelle fordert Neuwahlen

Derweil übte FDP-Chef Guido Westerwelle heftige Kritik an der Reform, warf Schwarz-Rot Wahlbetrug vor und forderte Neuwahlen. "Beide Parteien brechen jedes Versprechen, das sie vor der Wahl gegeben haben. Die Regierungsparteien können von Glück reden, dass Deutschland gerade mit der Fußball-WM beschäftigt ist. Sonst hätten wir Massendemonstrationen auf der Straße", wird Westerwelle im Münchner Merkur zitiert.

Die Koalitionsspitzen planen eine Beitragserhöhung ab 2007 und die Einrichtung eines Gesundheitsfonds. Außerdem soll die Kindermitversicherung ab 2008 schrittweise aus Steuermitteln finanziert werden.

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