Gesetzesentwurf zur Beamtenpension:Schäuble und die "Sündenböcke"

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Der Innenminister will die Lebensarbeitszeit von Beamten verlängern. Die SPD stellt sich hinter Schäuble, auch der Deutsche Beamtenbund reagiert gelassen. Andere Gewerkschaften sind dagegen erzürnt.

Auch die Bundesbeamten sollen künftig bis zum 67. Lebensjahr arbeiten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte am Dienstag in Berlin an, die Erhöhung des Pensionsalters im Herbst auf den Weg zu bringen - und stieß damit eine neuerliche Diskussion um Beamtenpensionen an.

"Die Übertragung der Rentenreform auf Bundesbeamte ist innerhalb der Bundesregierung nicht umstritten", sagte der Innenminister. Die SPD signalisierte Zustimmung zu dem Vorhaben. SPD-Chef Kurt Beck sprach von einem "notwendigen Schritt". Es wäre immer klar gewesen, "dass Beamtenpensionen und Renten in einen Gleichklang gebracht werden müssen", so Beck weiter.

Der Deutsche Beamtenbund reagierte gelassen auf Schäubles Ankündigung und begrüßte trotz grundsätzlicher Bedenken, dass der ihm seit Juli bekannte Gesetzentwurf immerhin die stärkere Belastung der Beamten durch frühere Reformen berücksichtige. Der Vorsitzende des Verbandes, Peter Heesen, sagte im Bayerischen Rundfunk, Einschnitte in der Rentenversicherung seien immer wirkungsgleich auf die Beamten übertragen worden.

Heesen mahnte aber eine Gleichbehandlung bei der Bezahlung an. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Sicherheit der Altersbezüge seien entscheidend für die Nachwuchsgewinnung: "Wir haben ja in der Bezahlung des öffentlichen Dienstes das Grundproblem, dass die Bezahlung eigentlich mit der Wirtschaft nicht konkurrieren kann."

"Beamte zu Sündenböcken gemacht"

Heese betonte zugleich, dass der Beamtenbund grundsätzlich die Verlängerung der Lebensarbeitszeit für keinen geeigneten Weg halte, die Alterssicherungssysteme im Arbeitnehmer- wie im Beamtenbereich auf eine solide Basis zu stellen.

Auch die stellvertretende Beamtenbund-Sprecherin Britta Müller zeigte sich wenig überrascht von den Plänen Schäubles: "Wir wussten, dass das kommt. Wir haben auch immer gesagt, wenn sich die allgemeine Lebenserwartung erhöht und es für die Rentner entsprechende Veränderungen gibt, dann können die Beamten da nicht außen vor bleiben. Das ist geradezu selbstverständlich."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnte dagegen die Anhebung des Pensionsalters ebenso wie die Rente mit 67 völlig ab. "Wer nicht mehr kann, scheidet vorzeitig aus dem Beruf aus und muss dafür lebenslange finanzielle Einbußen hinnehmen", sagte DGB-Vizechefin Ingrid Sehrbrock.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wandte sich gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Schon die Erhöhung es Renteneintrittsalters sei "eine versteckte Kürzung der Altersbezüge" gewesen, kritisierte sie.

Besonders deutliche Kritik kommt aus Bayern. Der Bayerische Beamtenbund (BBB) appellierte an die Staatsregierung, das Pensionsalter nicht wie im Bund geplant auf 67 Jahre anzuheben. "Hier werden diejenigen, die ihr ganzes Leben für den öffentlichen Dienst gearbeitet haben, zu Sündenböcken gemacht", kritisierte der BBB-Vorsitzende Rolf Habermann am Dienstag in München das Vorhaben von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Wenn es so weit sei, ein bayerisches Dienst- und Versorgungsrecht zu schaffen, müssten klügere Entscheidungen fallen, mahnte der Gewerkschafter in München.

"Wir brauchen intelligente Lösungen und nicht populistischen Angleichungsaktionismus, wenn wir dem demographischen Wandel wirksam begegnen wollen", sagte Habermann. Wer länger arbeiten wolle und könne, solle dies auch dürfen. Wer körperlich aber nicht mehr dazu in der Lage sei, dürfe nicht durch Pensionskürzungen zur Kasse gebeten werden.

Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) hatte bereits im März angekündigt, auch Bayerns Landesbeamte sollten künftig erst mit 67 in Pension gehen. Der Freistaat beschäftigt rund 300 000 Menschen - 200 000 Beamte und 100 000 Angestellte und Arbeiter.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie andere Bundesländer auf den Vorstoß reagieren - und wie die Opposition in Berlin zu den Plänen steht.

Der Beamtenbund Baden-Württemberg (BBW) befürwortet dagegen grundsätzlich das Vorgehen des Bundes. BBW-Chef Volker Stich appellierte nun an die Landesregierung, dem Vorgehen des Bundes zu folgen. Im Grundsatz stimmt der BBW damit der Anhebung der Altersgrenze. Dies solle jedoch im Gleichklang mit der Anhebung de Renteneintrittsalters erfolgen.

Baden-Württemberg will das Pensionseintrittsalter noch schneller anheben als der Bund. Das Pensionsalter 67 solle für baden-württembergische Landesbeamte, Richter und Minister "deutlich früher" erreicht werden, sagte ein Sprechers des Finanzministeriums.

CDU und FDP haben bereits in ihrem Koalitionsvertrag 2006 festgelegt, das Pensionsalter stufenweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Ein entsprechendes Konzept ist nach Angaben des Landesfinanzministeriums derzeit in Arbeit. Anders als im Bund strebt Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) allerdings an, das Pensionsalter schneller als das Rentenalter anzuheben, also die 67 Jahre deutlich vor 2029 zu erreichen.

Die in Nordrhein-Westfalen mitregierende FDP kündigte eigene Wege für das einwohnerstärkste Bundesland an. Statt einer starren Altersgrenze müsse es flexible Lösungen geben, sagte der nordrhein-westfälische FDP-Chef und stellvertretende Ministerpräsident, Andreas Pinkwart.

Linke kritisiert Umverteilung von "unten nach oben"

Kritik an dem Vorhaben kam auch von der Opposition in Berlin. Die FDP bezeichnete das Vorhaben der Regierung als "Irrweg". FDP-Chef Guido Westerwelle kritisierte, generell gehe die Erhöhung des Renten- und des Pensionseintrittsalters auf 67 "an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei. Manche können und wollen länger als bis 65 arbeiten, bei anderen geht das nicht mehr", sagte Westerwelle der Sächsischen Zeitung. Auch der FDP-Abgeordnete Max Stadler forderte eine flexible Altersgrenze.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Silke Stokar, warf Schäuble vor, ihm fehle der Mut zu nachhaltigen Reformen im Beamtenrecht. Zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit gehöre ein Konzept für lebenslanges Lernen genauso wie eine leistungsgerechte Bezahlung. Die Grünen-Innenexpertin kritisierte, es bleibe offen, ob es Sonderregelungen für bestimmte Berufsgruppen gebe: "Polizeibeamte im Schichtdienst werden kaum bis 67 im Einzeldienst oder bei Demonstrationen eingesetzt werden können."

Der Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, warf der Bundesregierung vor, die "Politik der Umverteilung von unten nach oben" fortzusetzen. Bei einer Steuer- und Abgabenquote, die dem europäischen Durchschnitt entspreche, wären alle sozialen Kürzungen der vergangenen Jahre überflüssig, erklärte Lafontaine.

(AFP/AP/Reuters/ddp-bay/dpa)

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