Generalsekretär dämpft Erwartungen:Annan: UN können USA im Irak nicht ablösen

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Die Vereinten Nationen könnten die Sicherheit im Nachkriegs-Irak nicht gewährleisten. Annan erteilte damit so eindeutig wie nie zuvor allen Vorstellungen eine Absage, die UN könnten in absehbarer Zeit die Besatzungsmächte ganz oder teilweise ablösen.

Die UN könnten allerdings wertvolle Unterstützung beim Aufbau des politischen Systems leisten, darunter bei der Ausarbeitung einer Verfassung. "Wir können die Iraker dabei unterstützen, ihr eigenes Land zu regieren", sagte er. Dazu müsse der Sicherheitsrat "die Rolle der UN im Irak klar definieren". Die Aufgaben für die Vereinten Nationen müssten allerdings auch erfüllbar sein.

Powell besichtig Massengrab

US-Außenminister Colin Powell besichtigte unterdessen auf seiner Irak-Reise ein Massengrab für etwa tausend Kurden. In Halabdscha sagte er, die Welt hätte früher gegen Präsident Saddam Hussein vorgehen müssen. Dies zeige der Giftgas-Angriff der irakischen Armee auf die eigene kurdische Zivilbevölkerung im Norden des Landes.

"Was hier 1988 geschehen ist, wird sich nicht wiederholen", sagte Powell am Montag. Saddams Regierung hatte Ende des Krieges gegen Iran (1980 bis 1988) die Kurden mit Giftgas angegriffen; etwa 5000 Menschen wurden getötet. Ihr Schicksal hatten die USA als einen Beleg dafür genannt, dass der Irak Massenvernichtungswaffen entwickle.

Powell sagte, der für den Giftgas-Angriff verantwortlich gemachte General Ali Hassan el Madschid werde im Gefängnis bleiben, bis ein irakisches Gericht über sein Schicksal entscheide. Auch der Ex-Präsident werde gefasst. "Saddam läuft davon und versteckt sich.

Saddams Anhänger töten US-Soldat

Er wird weiter davon laufen und sich verstecken, bis wir ihn fangen, oder er stirbt", sagte Powell. Dschalal Talabani von der Patriotischen Union Kurdistans sagte zu Powell: "Ich bin stolz, dass wir nach so vielen Jahren des einsamen Kampfes in Ihnen Freunde gefunden haben."

Die US-Truppen im setzten derweil ihre Offensive gegen mutmaßliche Untergrundkämpfer fort und nahmen während einer Razzia in Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit fünf Terrorverdächtige fest. Sie würden der Finanzierung und Organisation von Widerstandszellen und der Gewalt gegen die Besatzungstruppen verdächtigt, sagte Major Bryan Luke am Montag. Mutmaßliche Anhänger Saddams töteten unterdessen in Bagdad einen amerikanischen Soldaten.

Hoon wird erneut vernommen

Der im Zuge eines Irak-Dossiers der britischen Regierung unter Druck geratene Verteidigungsminister Geoff Hoon muss am kommenden Montag erneut vor der Untersuchungskommission zum Tod des Waffenexperten David Kelly erscheinen.

Er werde dann von den Anwälten der Familie seines früheren Beraters, von der BBC und von der Kommission selbst ins Kreuzverhör genommen, teilte das Ausschussmitglied James Dingemans am Montag mit. Auch der zurückgetretene Kommunikationschef der Regierung, Alastair Campbell, sowie der BBC-Reporter Andrew Gilligan würden noch einmal vernommen.

Die Kommission unter Leitung von Lord Hutton will herausfinden, ob Premierminister Tony Blair beziehungsweise ranghohe Mitarbeiter seines Büros im September vergangenen Jahres ein Geheimdienstdokument zum Irak verfälscht haben könnten. Kelly hatte sich gegenüber BBC-Reporter Gilligan derart geäußert, woraufhin dieser Ende Mai einen entsprechenden Rundfunkbericht verbreitete.

Blairs größte Glaubwürdigkeitskrise

In dem Bericht wurde der Regierung vorgeworfen, die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen zur Rechtfertigung des Krieges aufgebauscht zu haben. Kelly wurde schließlich als Quelle für den Bericht identifiziert und beging am 18. Juli Selbstmord. Premier Blair ist im Zuge der Affäre in die größte Glaubwürdigkeitskrise seiner sechsjährigen Amtszeit geraten.

(sueddeutsche.de/dpa/SZ)

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