Geldpolitik:Abgeordnete fordern mehr Transparenz

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Jens Weidmann hat eine große Aufgabe als Commerzbank-Aufsichtsratschef: Den Bund auf Abstand halten. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Grüne und Linke im Bundestag wollen Bundesbankpräsident Weidmann künftig regelmäßig streng befragen. Doch der sieht das eher skeptisch.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Im Bundestag ist ein Streit darüber entbrannt, ob Bundesbankpräsident Jens Weidmann künftig permanent von den Abgeordneten zur Geldpolitik befragt werden soll, um diese den Bürgern transparenter zu machen. Die Fraktionen der Grünen und der Linken fordern, dass der Bundestag das gleiche Recht wie das EU-Parlament erhalten soll, wo sich die Präsidentin der Europäischen Zentralbank regelmäßig Fragen der Abgeordneten stellen muss. "Die Bundesbank ist aktiv in die Entscheidungen der EZB eingebunden", sagte Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner der Süddeutschen Zeitung. "Ich finde es sinnvoll, wenn der Bundesbankpräsident regelmäßig vom Bundestag befragt werden darf". Linken-Politiker Fabio de Masi kritisierte, "die parlamentarische Kontrolle der Geldpolitik ist auf europäischer Ebene fortgeschrittener als im Bundestag".

Hintergrund der Forderungen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den milliardenschweren Anleihenkäufen der EZB. Anfang Mai hatten die Richter moniert, die Zentralbank habe die Verhältnismäßigkeit des Aufkaufprogramms nicht ausreichend dargelegt. Bundestag und Bundesregierung hatten eine Frist von drei Monaten bekommen, um bei der EZB auf diese Prüfung hinzuwirken.

Auch das Verfassungsgericht hat mehr Erklärung gefordert - eine heikle Aufgabe

Die Aufgabe aus Karlsruhe ist heikel, weil die EZB politisch unabhängig ist und nur gegenüber dem Europäischen Parlament auskunftspflichtig. Um nun von vornherein für mehr Transparenz zu sorgen, wollen Grüne und Linke künftig regelmäßig die Bundesbank befragen; die FDP spricht sich grundsätzlich auch dafür aus.

Union und SPD bremsen dagegen. Zwar hatte auch der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach gefordert, dass Weidmann den Abgeordneten regelmäßig die geldpolitischen Beschlüsse der EZB erklären solle. In der Unionsfraktion jedoch herrscht bislang die Meinung vor, es reiche aus, wenn das Europäische Parlament die Protokolle der Befragung von Christine Lagarde nach Berlin sende. SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte der SZ, seine Fraktion sei offen für eine Befragung Weidmanns, wolle aber erst mit dem Koalitionspartner beraten.

Weidmann selbst steht einer regelmäßigen Fragestunde mit schriftlichem Fragerecht skeptisch gegenüber. Im Europaausschuss des Bundestags hatte er vergangene Woche dafür plädiert, auf Fragestunden zu verzichten; in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung legte er nach: Er habe sich in der Vergangenheit "immer wieder gerne mit den Ausschüssen des Bundestags ausgetauscht". Ein solcher "Meinungs- und Wissensaustausch" vertrage sich mit der Unabhängigkeit der Geldpolitik und den vertraulichen Sitzungen des EZB-Rats, wo Weidmann als Bundesbankpräsident sitzt. Eine Entscheidung über die künftige aufklärerische Rolle der Bundesbank soll kommende Woche fallen.

Der Bundesbankpräsident soll als Bote helfen, das Urteil aus Karlsruhe umzusetzen

Eine andere Aufgabe für Weidmann ist dagegen abgemacht. Regierungskreise in Berlin bestätigten am Dienstag, dass er als Bote helfen soll, die knifflige Aufgabe aus Karlsruhe zu erfüllen. Es wird erwartet, dass der an diesem Mittwoch wieder tagende EZB-Rat einen Beschluss fasst, der es der Bundesbank erlaubt, das Protokoll der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei dem betreffenden Anleihenkaufprogramm weiterzuleiten sowie womöglich weitere Unterlagen, die belegen, dass die EZB verhältnismäßig gehandelt hat. Weidmann soll die Unterlagen aus dem EZB-Rat dem Bundesfinanzminister überbringen. Olaf Scholz wird diese dann an das Kabinett und den Bundestag weiterleiten. Damit könnten die Abgeordneten in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause die Aufgabe aus Karlsruhe fristgemäß erfüllen. Im Bundestag soll es eine Debatte geben; außerdem wird in ein Entschließungsantrag vorbereitet, der die parlamentarische Prüfung dokumentiert.

© SZ vom 24.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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