Geiseldrama:Entführer sollen Osthoff "verkauft" haben

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Nach der Freilassung von Susanne Osthoff wird heftig spekuliert, wer die Entführer waren und ob Lösegeld im Spiel war. Der Zentralrat der Muslime glaubt gar an einen Handel mit der deutschen Geisel.

Die jetzt im Irak freigelassene deutsche Geisel Susanne Osthoff soll während ihrer knapp dreiwöchigen Verschleppung an eine andere Entführergruppe übergeben worden sein. "Wir wissen, dass die Entführer anfangs eine kriminelle Gruppe waren, die nur auf Lösegeld aus war", sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, der Mitteldeutschen Zeitung.

"Diese erste Gruppe hat Frau Osthoff an eine islamisch orientierte Gruppe "verkauft". Die zweite Gruppe habe dann aber festgestellt, dass Osthoff nichts mit Spionage zu tun habe, und das Interesse an ihr verloren. "So kam es zu der schnellen Freilassung." Elyas berief sich auf eigene Informationsquellen im Irak. "Wir haben Bekannte und Kontaktpersonen, von denen wir Informationen bekommen."

Elyas hatte sich Anfang Dezember zum Tausch für die am 25. November entführte Archäologin angeboten.

"Geisel zweiter Klasse"

Beobachter im Irak haben auch immer wieder berichtet, dass es inzwischen einen regelrechten "Entführungsmarkt" gebe, auf dem Kriminelle den Islamisten Geiseln zum "Kauf" anbieten. Angeblich variiert der Preis, je nachdem welche Nationalität das Entführungsopfer hat und welche Position es bekleidet.

Aus Sicht islamistischer Fanatiker wäre die Aktivistin aus Oberbayern nur eine "Geisel zweiter Klasse": Sie ist Bürgerin eines Landes, dessen Regierung den Irak-Krieg abgelehnt hatte. Sie bekleidet kein öffentliches Amt und arbeitet auch nicht für die Medien. Als "interessante Geiseln" für Islamisten gelten dagegen Amerikaner und Briten, Verwandte irakischer Politiker sowie Vertragsarbeiter der US-Armee, Diplomaten und Journalisten.

Über den Marktwert der Geisel entscheidet ihre Herkunft. Während gekidnappte Manager aus den USA oder Europa mehrere Millionen Dollar einbringen können, liegt der Durchschnittspreis für einen entführten Iraker angeblich bei 25.000 Dollar.

Lösegeld wird nur indirekt gezahlt

Auf jeden Fall war Osthoff ein leichtes Ziel. Denn obwohl sie sich auf Arabisch verständigen kann und dunkles Haar hat, fiel die Deutsche im Irak mit ihrer extrovertierten Art und ihrer Kleidung, die so gar nicht dem Stil irakischer Frauen entspricht, auf. Sie hatte keine Leibwächter und schreckte auch vor Reisen in gefährliche Regionen nicht zurück.

Zudem hat Osthoff viele Kontakte im Irak, was nicht unbedingt ein Schutz sein muss, sondern auch ein Fluch sein kann. Denn jeder Ausländer, der sich zur Zeit im Irak bewegt, muss sich fragen: Wem kann ich trauen und wer würde mich, vielleicht auch gegen Geld, an Extremisten oder Verbrecher verraten?

Der Terrorismus-Experte Tophoven betonte, dass die Bundesregierung Lösegeld niemals direkt an Geiselnehmer zahlen würde. Wenn Geld fließe, dann in der Regel über Zwischenstationen. So sei im Entführungsfall der Göttinger Eheleute Wallert auf den Philippinen Lösegeld über die Stiftung des Sohns des libyschen Staatschefs Muammar al Gaddafi gezahlt worden. Auch Italien habe mit Sicherheit für die Freilassung der Journalistin Giuliana Sgrena im Irak gezahlt.

© sueddeutsche.de/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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