Gefechte im Irak:Nadschaf von Explosionen erschüttert

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Unmittelbar neben dem schiitischen Heiligtum, der Imam-Ali-Moschee, schlugen die Bomben der Alliierten ein. Noch immer verschanzen sich dort die Sadr-Milizen; sie haben ein Ultimatum der irakischen Regierung verstreichen lassen. Jetzt droht ihnen ein Großangriff.

Mehrere Geschosse schlugen nahe der Imam-Ali-Moschee ein, dem größten Heiligtum der Schiiten. Auch US-Kampfhubschrauber griffen Ziele in unmittelbarer Nähe der Moschee an. Hier haben sich der militante Prediger Muktada Sadr und mehrere hundert seiner Anhänger verschanzt.

Nach Informationen der BBC wurde die gesamte Stadt Nadschaf von einer Serie schwerer Explosionen erschüttert. Die Anhänger Sadrs hätten nur wenig Gegenwehr geleistet. Aus den Lautsprechern der Imam-Ali-Moschee erklang der Ruf "Allahu Akbar" (Gott ist groß).

Sadr lehnte die Entwaffnung seiner Kämpfer ab, forderte sie jedoch offenbar auf, die Moschee des Imam Ali zu räumen. Die Kämpfer sollten das Heiligtum dem höchsten religiösen Gremium der Schiiten, der Mardschajia, übergeben, hieß es in einem Brief des Predigers.

Zuvor hatte Übergangsregierungschef Ijad Allawi dem Prediger eine letzte Frist zur Entwaffnung und Räumung des heiligen Schreins gesetzt.

Im Süden des Iraks steckten bewaffnete Sadr-Anhänger Geschäftsräume und Lagerhallen der dortigen Erdölgesellschaft in Brand. "Die Kämpfer der Mehdi-Armee haben in den Büros und den Depots Feuer gelegt", sagte ein Unternehmenssprecher in der südirakischen Stadt Basra.

Britische Soldaten seien bereits eingetroffen. Scheich Ahmed Fartusi, selbst ernannter Kommandeur der Mehdi-Armee in Basra, sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Wir werden keinen einzigen Stützpunkt der US-geführten multinationalen Truppen verschonen und weiter Ölquellen anzuzünden, falls die Angriffe auf Nadschaf andauern". Die Altstadt von Nadschaf liegt mittlerweile zu großen Teilen in Schutt und Asche.

Die irakische Übergangsregierung hatte den Sadr-Kämpfern mit einem Großangriff gedroht, sollten sie ihre Waffen nicht niederlegen. Ein hochrangiges Mitglied der Übergangsregierung sagte, die kommenden Tage seien entscheidend. Das nächtliche Bombardement von Nadschaf sei die Vorstufe der Großoffensive. Übergangsstaatsminister Kassem Daud hatte mit einem Großangriff "binnen Stunden" gedroht, sollte Sadr seine Milizen nicht auflösen.

In der Imam-Ali- Moschee befindet sich der Schrein des ersten Imams Ali, Vetter und Schwiegersohn des Propheten Mohammed. Auf ihn führt die schiitische Glaubensrichtung im Islam ihre Entstehung zurück. In Sadrs Brief heißt es: "Ihr müsst die Schlüssel des Schreins so schnell wie möglich der Mardschajia übergeben, um zu verhindern, dass Ungläubige in diesen heiligen Ort eindringen".

Erneut Geiseln entführt

US-Panzer befanden sich nur 200 Meter vor dem Mausoleum des Imams Ali. Im Stadtzentrum brannte es, und dicke Rauchwolken stiegen auf. Über der Stadt kreisten US-Kampfflugzeuge. Aus der Richtung des historischen Friedhofs der heiligen Schiitenstadt war das Feuer von schwerer Artillerie zu hören. Nach Korrespondentenberichten handelte es sich um die schwersten Explosionen in Nadschaf seit Beginn der Kämpfe zwischen militanten Schiiten und den US-Truppen vor mehr als zwei Wochen.

Der gemäßigte schiitische Großayatollah Ali Sistani wurde unterdessen zurück im Irak erwartet. Nach einer Behandlung in einem Londoner Krankenhaus wurde er am Mittwochmorgen wieder entlassen, wie sein Sprecher am Donnerstagabend in der britischen Hauptstadt mitteilte.

Auf Anraten seiner Ärzte dürfe er aber vorerst noch nicht reisen. Der einflussreiche 73-jährige Geistliche war vor zwei Wochen aus der umkämpften irakischen Stadt Nadschaf kommend in London eingetroffen. Er gilt als "Mann Großbritanniens".

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (Reporters sans frontières, RSF) richtete einen Appell an Sadr, damit er sich für die Freilassung des US-Journalisten Micah Garen und seines irakischen Übersetzers Amir Dosche aus Geiselhaft einsetze. Beide waren am 14. August in der südirakischen Stadt Nassirijah von unbekannten Angreifern verschleppt worden.

Eine bislang unbekannte bewaffnete Gruppe namens "Schwadronen der Märtyrer" drohte in einem am Mittwochabend vom katarischen Fernsehsender El Dschasira ausgestrahlten Video mit der Tötung des US-Journalisten, sollten sich die US-Streitkräfte nicht aus Nadschaf zurückziehen.

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