Gefängnisnotstand in Großbritannien:Nur noch 21 Plätze frei

Lesezeit: 1 min

Jack Straw schlägt Alarm: Die Gefängnisse auf der Insel sind restlos überfüllt. Anstatt einen neuen Knast zu bauen, fordert der Justizminister die Richter auf, in Zukunft milder zu urteilen und Bewährungsstrafen zu verhängen.

Die Gefängnisse sind voll, doch während andere Staaten in so einem Fall einfach noch ein paar Zuchthäuser bauen, greift der britische Justizminister zu einem anderen Mittel. Jack Straw wandte sich mit der dringenden Bitte an die Richter seines Landes, weniger Kriminelle zu Haftstrafen zu verurteilen.

Wendet sich mit einer ungewöhnlichen Bitte an die Justiz: Jack Straw (Foto: Foto: AP)

Die Gefängnisse hätten mit insgesamt 82.006 Insassen eine Rekordauslastung erreicht. Noch nie seien mehr Menschen im Gefängnis eingesessen. Das Ergebnis: Nach offiziellen Angaben der Zuchtanstalten gibt es in England und Wales nur noch 21 Plätze für verurteilte Straftäter.

Die Richter erwiesen sich seit Jahresbeginn demnach besonders übellaunig - und übertrafen mit ihren mehr als 2300 verhängten Gefängnisstrafen die Prognosen der Behörden.

"Für März hatten wir mit einer Gefängnispopulation von 81.731 Insassen gerechnet. Mehr als einen Monat vorher haben wir schon 300 mehr", sagte Straw dem Guardian. "Wir haben 300 Gerichte in England und Wales. Wenn jedes dieser Gerichte nur einen Kriminellen zusätzlich zu einer Haftstrafe verurteilt, haben wir schon diesen gewaltigen Anstieg."

Ausländer werden schneller ausgewiesen

Auch die Maßnahme, die 11.000 ausländischen Verurteilten bereits neun und nicht erst viereinhalb Monate vor Ende der Strafe auszuweisen, werde kurzfristig nicht aus der Knast-Misere helfen. Das Parlament müsse der Maßnahme erst noch zustimmen - was noch einige Wochen dauern kann.

Doch woher kommen all die Häftlinge? Straw sieht zwei Gründe, wieso die Gefängnisse derzeit ausgebucht sind. Mehr Männer werden derzeit auch für kurze Zeit ins Zuchthaus geschickt - und mehr verstoßen, wenn sie dann wieder in Freiheit sind, gegen ihre Bewährungsauflagen.

Deshalb wandte sich Justizminister mit der Bitte an seine 30.000 Richter, auch andere Strafen wieder mehr zu berücksichtigen. So könnten mehr Bewährungsstrafen verhängt werden. Es gebe effektive Alternativen zur Haftstrafe, die die Kriminellen überdies auch besser vor Wiederholungstaten schützten.

In den Gefängnissen hat man sich unterdessen auf die hohe Auslastung eingestellt. Manche Anstalten hätten beispielsweise Ein-Mann-Zellen zu Drei-Mann-Zellen umfunktioniert. Doch Plänen, die Häftlinge wie in den USA in großen Schlafsälen unterzubringen, hat der Justizminister einen Riegel vorgeschoben. In England und Wales habe man wegen Schlafsälen Erfahrung mit ernsten Überwachungs- und Kontrollproblemen gemacht.

© sueddeutsche.de/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: