G36:In der Hitze des Gefechts

Soldaten loben das Gewehr. Und nun?

Von Christoph Hickmann

Bislang sah die Sache ziemlich eindeutig aus: Das Sturmgewehr G36, so hatten es zuletzt umfangreiche Labortests erwiesen, schießt in erhitztem Zustand ziemlich unpräzise durch die Gegend. Seltsam an dieser Eindeutigkeit war schon immer, dass die Waffe in der Bundeswehr dennoch teils vehement verteidigt wurde. Dieses deutlich positivere Urteil der Praktiker ist nun gleichsam amtlich festgehalten: Eine Expertenkommission hat eine dreistellige Anzahl gefechtserfahrener Soldaten befragt - und durchweg zur Antwort bekommen, dass dieses Gewehr tadellos sei. Und nun?

Nun kann man gegen diesen Befund zwar wiederum Einwände vorbringen - etwa die Überlegung, dass der einzelne Soldat in der Hitze des Gefechts wohl kaum wahrnimmt, wo genau welcher Schuss gelandet ist. Trotzdem hat das eindeutige Urteil der Truppe, das nun im Gegensatz zu Labortests unter extremen Bedingungen steht, erhebliches Gewicht. Wäre es nach den Soldaten gegangen, hätte die Verteidigungsministerin das Gewehr nicht zum Auslaufmodell erklären müssen. Jedenfalls nicht so schnell.

All dies ändert trotzdem nichts am eigentlichen, politischen Skandal. Der besteht nach wie vor darin, dass man im Ministerium lange Zeit jede Meldung über Präzisionsprobleme verdrängt, schöngeredet und geleugnet hat. Und darin, dass die Beziehung zwischen Waffenfirma und Ministerium lange Zeit fatal eng war.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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