G-8-Gipfel in L'Aquila:Hoffnungsschimmer für die Weltwirtschaft

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Die Industriestaaten glauben, dass die Konjunktur kommendes Jahr wieder anläuft - für ein Aufatmen ist es aber noch zu früh.

Guido Bohsem

Die sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) sehen einen Hoffnungsschimmer, dass die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg bald zu Ende geht.

Die Konjunktur wird 2010 wieder anlaufen - langsam. (Foto: Foto: AP)

In einer am Mittwoch beim G-8-Treffen in L'Aquila veröffentlichten Erklärung wird auf erste Anzeichen verwiesen, wonach die weltweite Konjunktur im kommenden Jahr langsam wieder Fahrt aufnehmen wird. Die Lage werde sich stabilisieren, sobald die staatlichen Konjunkturpakete ihren vollen Effekt erreichten.

Kein Anlass für Euphorie

Die G8 würden das Nötige tun, um die Weltwirtschaft wieder auf einen starken und nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen. Die vorsichtig optimistische Einschätzung sei jedoch kein Anlass für Euphorie. "Die Lage bleibt unsicher." Es gebe weiterhin Gefahren für die Stabilität der Wirtschaft und des Finanzsektors.

Die Staats- und Regierungschefs besprachen die Lage der Weltwirtschaft gleich zu Beginn ihres Treffens bei einem gemeinsamen Mittagessen. Es gilt als wichtigstes Thema des Gipfels. Mit der verhalten optimistischen Lagebeurteilung wollen sie eine beruhigende Botschaft an die Märkte und die Verbraucher senden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel machte diese Absicht bereits vor dem Treffen deutlich, als sie zusammen mit Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi den beim Erdbeben im April fast vollständig zerstörten Ort Onna besuchte. Als Vertreterin der hochentwickelten Wirtschaftsnationen übernahm sie die Verantwortung für die verheerende Lage der Weltwirtschaft. "Wir sind auch diejenigen, die als Industrienationen über die Finanzmärkte die Weltwirtschaftskrise mitverursacht haben." Die Welt erwarte deshalb zu Recht, dass diese Nationen hier ein Signal gäben.

IWF: Größeres Wachstum als vermutet

Der positive Ausblick der G8 auf die weitere konjunkturelle Entwicklung speist sich nicht zuletzt aus den jüngsten Konjunkturprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach dessen Einschätzung wird die Weltwirtschaft im kommenden Jahr deutlich kräftiger wachsen als bislang vermutet. "Die globale Wirtschaft ist dabei, sich aus der Rezession zu befreien."

Der IWF hob seine Prognose vom April um 0,6 Prozentpunkte an und geht nun von einem globalen Wachstum in Höhe von 2,5 Prozent aus. Die USA als größte Volkswirtschaft der Welt begeben sich nach Einschätzung des IWF auf einen moderaten Wachstumskurs von 0,8 Prozent. Im April hatte der Fonds noch mit einem Nullwachstum gerechnet.

Schleppende Erholung

Allerdings schlägt sich die Ende 2009 beginnende zögerliche Erholung der Weltwirtschaft nicht überall in positiven Wachstumszahlen nieder. So soll die deutsche Wirtschaftsleistung auch im kommenden Jahr noch um 0,6Prozent schrumpfen. Zuletzt hatte der IWF mit einem Minus von einem Prozent gerechnet.

Insgesamt kommt der IWF zu dem Ergebnis, dass es für ein Aufatmen noch deutlich zu früh sei. Die Wirtschaft stabilisiere sich uneinheitlich, die Erholung sei noch schleppend.

Zusammen mit den fünf wichtigsten Schwellenländern China, Südafrika, Brasilien, Indien und Mexiko wollen die G8 sich zudem deutlich gegen Protektionismus wenden. Die Benachteiligung anderer Länder hat nach Ansicht der Welthandelsorganisation (WTO) durch die unterschiedlichen nationalen Konjunkturprogramme zugenommen. Vereinzelte Staaten hatten Teile davon so ausgerichtet, dass sie ausschließlich ihren eigenen Unternehmen zugute kamen, während ausländische Konkurrenten außen vor blieben. Ein besonders aufsehenerregendes Beispiel war die sogenannte Kauft-Amerikanisch-Klausel der USA.

Gegen Protektionismus - für den offenen Welthandel

Um dem offenen Welthandel wieder mehr Schwung zu verleihen, wollen die Industrie- und Schwellenländer die brachliegende Doha-Runde der WTO neu beleben. Nach Angaben aus Kreisen der Gipfelteilnehmer soll sich im gemeinsamen Abschlussdokument das Ziel finden, die Handelsrunde 2010 abzuschließen. Die Handelsgespräche waren 2001 aufgenommen worden, gerieten aber zuletzt wegen eines Streits um Agrarsubventionen und Zöllen ins Stocken.

Vor allem Indien und die USA hätten ihren hartnäckigen Widerstand gelockert, hieß es in den Kreisen weiter. Dies habe auch mit dem Wechsel in der amerikanischen Regierung zu Barack Obama zu tun. Angesichts dieser Entwicklung zeigte sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zuversichtlich, eine Vereinbarung erzielen zu können. Noch vor dem G-20-Treffen in Pittsburgh im September sollen die Handelsminister der Staaten beauftragt werden, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.

© SZ vom 09.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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