G-8-Gipfel:Agenda mit Sprengstoff

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Auf Sea Island werden die USA ein breit angelegtes Reformprogramm für Demokratie und Marktwirtschaft im Nahen Osten vorlegen. Doch nicht allen arabischen Staaten ist diese "Einmischung in innere Angelegenheiten" willkommen.

Mit einem gemeinsamen Abendessen zur Ortszeit hat auf Sea Island im US-Bundesstaat Georgia der Gipfel der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G-8) begonnen. Das jährliche Treffen findet unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Traditionell stehen Wirtschaftsthemen auf der Tagesordnung.

In diesem Jahr beherrscht allerdings eine US-Initiative das Verhandlungsprogramm. US-Präsident George W. Bush stellt ein breit angelegtes Programm für demokratische und marktwirtschaftliche Reformen im Nahen Osten vor. Der Irak soll nach seinen Vorstellungen dafür zum Modell werden.

Bei dem Gipfel soll eine Erklärung verabschiedet werden, in der den arabischen Staaten ein Dialog über die wirtschaftliche Entwicklung und die politischen Strukturen angeboten wird.

Gipfel-Boykott durch Ägypten und Marokko

Zu diesem Zweck wurden Staats- und Regierungschefs aus der Region zu Verhandlungen über das Programm eingeladen. Jordanien, Algerien, Bahrain und Jemen finden sich dazu in Sea Island ein. Auch der afghanische Präsident Hamid Karsai, der künftige irakische Präsident Ghasi Maschal Adschil el Jawer und der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan werden den G-8-Gipfel besuchen.

Doch der Vorstoß der USA ist insbesondere in der muslimischen Welt nicht unumstritten. So nehmen Ägypten, Saudi-Arabien und Marokko nicht teil, weil sie in der Initiative ein Einmischung in innere Angelegenheiten sehen.

US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice verteidigte in Vorbereitung des Gipfels die Reformvorschläge Washingtons. Sie sagte, die USA beabsichtigten keineswegs, den arabischen Staaten Reformen zu diktieren. Dennoch sei unstrittig, dass der Nahe und Mittlere Osten Veränderungen zur Entwicklung von Demokratie, Menschenrechten und der Wirtschaft brauche.

Schröder: Keine politische Entwicklung aufoktroyieren

Auch Kanzler Gerhard Schröder betonte, es gehe nicht darum, den betreffenden Ländern der Region von außen irgendwelche Konzepte aufzudrängen. Diese müssten von den Ländern selbst kommen, sagte Schröder. Man müsse den Eindruck vermeiden, "dass eine Seite der anderen Seite Vorstellungen über die weitere politische Entwicklung oktroyieren will".

Um ihr Engagement in Afrika weiter zu verstärken, trifft die G-8-Runde am Donnerstag Staats- und Regierungschefs aus Ghana, Senegal, Südafrika und Nigeria. Dabei geht es vor allem um den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids und Möglichkeiten des Kontinents, eigene militärische Friedensmissionen aufzustellen.

Mit Blick auf die Hungersnot am Horn von Afrika wollen sich die G-8-Staaten für bessere Verfahren zur frühzeitigen Erkennung von Nahrungsmittelengpässen aussprechen. Neben einem solchen "Hunger Monitoring" sind Initiativen geplant, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern.

Programm zur Hungerbekämpfung vorgestellt

Für die Globalisierungskritiker um das Netzwerk Attac verfolgendie G-8-Staaten trotz aller Bekenntnisse für mehr Solidarität mit den ärmsten Staaten weiterhin vor allem ihre wirtschaftlichen Interessen.

"Vollkommen abgeschottet von der Bevölkerung feiern die Regierungschefs ihre verfehlte Politik und inszenieren sich ohne jede Legitimation als Weltregierung", sagte Philipp Hersel vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis in Frankfurt/Main.

Zu der "Gruppe der Acht" gehören die USA, Deutschland, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Russland.

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