G-8-Gegner verurteilen Krawalle:"Wir wollen euch nicht mehr sehen"

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Die Organisatoren der Rostocker Demonstration gegen den G-8-Gipfel haben den Ausbruch von Gewalt bedauert. Dafür gebe es keine Rechtfertigung, erklärte Attac.

Die Organisation distanzierte sich von militanten Autonomen. "Wir wollen euch nicht mehr sehen", sagte Attac-Sprecher Peter Wahl am Sonntag im Sender n-tv an die Adresse der Autonomen.

Am Rande der Abschlusskundgebung war es am Samstag zu schweren Ausschreitungen zwischen teils vermummten Autonomen und der Polizei gekommen.

Merkel verurteilt Krawalle

Fast 1000 Menschen wurden verletzt, unter ihnen 433 Beamte, 30 von ihnen schwer. Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte die Randale. Sie sei froh, dass sich auch die Veranstalter klar distanziert hätten, sagte Merkel in der ARD.

Die Mehrheit der Demonstranten protestierte friedlich für besseren Klimaschutz und mehr Solidarität mit armen Ländern. Unter dem Motto "Eine andere Welt ist möglich" waren Teilnehmer auf zwei Routen durch die Stadt zu einer Kundgebung am Hafen gezogen.

Die Polizei sprach von 30.000 Teilnehmern, die Veranstalter zählten 80.000. Zu den Rednern der Kundgebung gehörte der philippinische Globalisierungskritiker und Träger des Alternativen Nobelpreises, Walden Bello.

Teilnehmer riefen zu Blockaden auf

Er nannte die G-8-Treffen eine ,,überholte Einrichtung''. Die führenden Wirtschaftsnationen hätten ihr Ziel verfehlt, zu einer Institution des Friedens und der Gerechtigkeit zu werden.

Bello forderte die Demonstranten auf, nach Heiligendamm zu ziehen. Auch andere Teilnehmer riefen zu Blockaden des G-8-Tagungsortes auf. Veranstalter der Demonstration waren Attac, Organisationen aus der Entwicklungshilfe, Kirchen und linke Gruppen.

Hinter einem Lastwagen der Organisation Interventionistische Linke hatten sich am Samstag 2000 Autonome zu einem Schwarzen Block gruppiert. Die Unruhen begannen am Nachmittag, als Vermummte einen Polizeiwagen mit Steinen bewarfen.

Demonstranten attackierten die Polizisten mit Pflastersteinen, Latten und Flaschen. Gegen 21 Uhr hatte die Polizei die Lage unter Kontrolle; sie setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Polizeileiter Knut Abramowski äußerte "tiefe Erschütterung" über die "bis dahin nicht gekannte Brutalität" der Randalierer. Es sei aber gelungen, die Auseinandersetzungen lokal zu begrenzen.

128 Personen in Gewahrsam

Nach einem Bericht des Berliner Tagespiegel hat die Polizei noch während der Krawalle einen hochrangigen Beamten abgelöst. Dieser Darstellung widersprach die Einsatzleitung.

Es habe lediglich einen Funkausfall gegeben. Bei den Ausschreitungen wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft 128 Personen in Gewahrsam genommen, gegen zehn mutmaßliche Randalierer seien Haftbefehle beantragt worden.

Anwälte sprachen von mehr als 180 Festnahmen. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) will an dem bisherigen Sicherheitskonzept festhalten.

"Die Strategie der Deeskalation ist richtig", sagte er. Er wies Vorwürfe zurück, die Polizei sei auf die Krawalle unzureichend vorbereitet gewesen. Bayerns Innenminister Günther Beckstein verlangte ein härteres Vorgehen der Polizei. Man hätte schärfere Vorkontrollen durchführen müssen, sagte der CSU-Politiker dem Münchner Merkur.

Nach dem Verbot eines Aufmarsches in Schwerin versammelten sich am Samstag NPD-Anhänger in anderen Städten zu Ersatzkundgebungen gegen den G-8-Gipfel. Laut Polizei zogen 350 Rechtsextremisten unangemeldet durch Lüneburg.

In Berlin wurden bei einem Aufmarsch von 100 Rechtsextremisten 13 Personen festgenommen. Zuvor war es den NPD-Anhängern gelungen, durch das Brandenburger Tor zu marschieren. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) reagierte mit Empörung.

Die Weigerung der Bundesverfassungsrichter, kurzfristig über das Versammlungsverbot für die NPD in Schwerin zu entscheiden, sei eine "Sauerei", sagte Körting dem Tagesspiegel.

Das von der Stadt Schwerin verhängte Verbot war erst in der Nacht zu Samstag vom Greifswalder Oberverwaltungsgericht bestätigt worden. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich aus Zeitgründen nicht mehr in der Lage gesehen, über eine Beschwerde der Veranstalter zu entscheiden.

© SZ vom 4. Juni 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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