Furcht vor Rechtsextremen in Österreich:Strache und Haider auf dem Vormarsch

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Österreichs Rechte rücken kurz vor der Wahl gefährlich nahe an den Spitzenplatz der Sozialdemokraten heran. Die jüdische Gemeinde fürchtet einen neuen Rechtsruck.

Er posierte in jungen Jahren in Militärkluft mit Rechtsextremen, er will das NS-Verbotsgesetz abschaffen, er hetzt gegen Ausländer - und er könnte bei den Nationalratswahlen am 28. September in Österreich mit seiner Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) drittstärkste Kraft im Land werden.

FPÖ-Parteichef und Kanzlerkandidat Heinz-Christian Strache will nach der Wahl mit jedem verhandeln, der seine rechte Parte nicht ausgrenzt. (Foto: Foto: Reuters)

Kanzlerkandidat Heinz-Christian Strache erreicht mit seiner Partei nach aktuellen Umfragen 18 bis 20 Prozent. Zusammen mit den geschätzten acht Prozent der Jörg-Haider-Partei Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) rücken die Rechten gefährlich nah an den Spitzenplatz der Sozialdemokraten (SPÖ) heran - die etablierten Parteien schließen eine Zusammenarbeit aber aus.

Für Strache scheint Österreich währenddessen nicht genug: Anfang des Jahres gab der 39-Jährige bei einem Treffen, unter anderem mit dem Chef der französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, und dem damaligen Chef des belgischen Vlaams Belang, Frank Vanhecke, den Startschuss zur Gründung einer gemeinsamen rechtsradikalen Partei auf EU-Ebene.

"Kellernazis" in der Parteispitze

Die jüdische Gemeinde in Österreich warnt bereits öffentlich vor einem Rechtsruck im Alpenland, und auch politische Beobachter sind zunehmend besorgt. "Die FPÖ ist die einzige Partei, bei der in dieser Dichte Funktionäre dem rechtsextremen Lager angehören", sagt der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant.

Nicht die Wähler, von denen seiner Meinung nach viele aus Protest statt aus Überzeugung für die Rechten stimmen werden, sondern die Parteifunktionäre seien das Problem. Sie distanzierten sich zwar formal vom Nationalsozialismus, aber wenn man an der Oberfläche kratze, kämen die "Kellernazis" hervor.

Zum "Anti-Islamisierungs-Kongress" in Köln an diesem Samstag, an der auch FPÖ-Vertreter teilnehmen, schreibt Strache beispielsweise in einem Grußwort: "Es hat keinen Sinn, und wir dürfen es nicht zulassen, dass (...) in unseren Schulen die eigenen Kinder als 'Schweinefleischfresser' beschimpft werden, dass unsere Töchter den gierigen Blicken und Händen ganzer Zuwandererhorden ausgesetzt sind."

Im eigenen Land jedoch schlägt Strache momentan mildere Töne an: Ließ die FPÖ bei den vergangenen Wahlen noch Parolen wie "Daham (Daheim) statt Islam" plakatieren, konzentriert sie sich nun auf soziale Themen wie Teuerung und Steuerausgleich. Strache wolle sich staatsmännisch und regierungsfähig präsentieren und so auch andere Wählergruppen ansprechen, analysieren politische Beobachter.

"Die eigentliche FPÖ-Botschaft ist sowieso schon längst überall angekommen", sagt eine Sprecherin der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Im Januar löste beispielsweise die Grazer FPÖ-Politikerin Susanne Winter europaweite Empörung aus, als sie den Propheten Mohammed öffentlich als "Kinderschänder" verunglimpfte.

Taktisches Verhältniss zum Rassismus

"Die FPÖ ist durchaus mit der deutschen NPD vergleichbar", sagt der Rechtsextremismus-Experte Heribert Schiedel. Anders als in der Bundesrepublik gebe es aber im Alpenland keine gesetzliche Klausel, nach der Parteien, welche die freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden, verboten werden können.

Die Jörg-Haider-Partei BZÖ, die sich 2005 von der FPÖ abspaltete, sieht Schiedel im Vergleich als etwas harmloser an. "Sie haben zum Rassismus ein eher taktisches Verhältnis und sind nicht weltanschaulich überzeugt." Dennoch sichert sich auch Haider die rechte Wählergunst - er schiebt eigenmächtig angeblich kriminelle Asylbewerber aus Kärnten ab und denkt öffentlich über elektronische Fußfesseln für Asylbewerber nach.

Auch wenn alle anderen Parteien im Wahlkampf bisher eine Zusammenarbeit mit den Rechten kategorisch ausschließen, fühlen sich viele an die politischen Verhältnisse zur Jahrtausendwende erinnert. Damals wurde die noch von Haider stark geprägte FPÖ bei den Wahlen 1999 zweitstärkste Kraft und bildete unter der Führung des ÖVP-Kanzlers Wolfgang Schüssel mit den Konservativen eine Regierungskoalition. Als Konsequenz wurde Österreich mit EU-Sanktionen belegt und teilweise außenpolitisch isoliert. Strache selbst will für den Tag nach der Wahl nichts ausschließen: "Ich werde mit jedem verhandeln, der uns nicht ausgrenzt."

© dpa/Miriam Bandar/pir/buma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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