Frauenförderung:Luft nach oben

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Die CSU Europaabgeordnete Angelika Niebler, hier beim Dreikönigstreffen der CSU in Vaterstetten, muss oft nach der Kreistagssitzung noch einen Flug nach Brüssel erwischen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei der CSU gehen alle Ministerposten an Männer. Die Vorsitzende der Frauen-Union Angelika Niebler findet die Entscheidung trotzdem gut.

Interview von Michaela Schwinn

Es ist erst ein paar Tage her, da schimpfte die Kabarettistin Luise Kinseher auf dem Nockherberg über die CSU: In der Partei gebe es kein #MeToo. Da heiße es von vorneherein "you not". Dass sie damit nicht Unrecht hatte, zeigte sich bei der Besetzung des neuen Bundeskabinetts. Die bayerische Partei vergab alle drei Ministerposten an Männer. Der Aufschrei war groß: "Machopartei" twitterte der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold. Auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer war enttäuscht, besonders weil ihre Partei, wie zuvor bereits die CDU, die Kabinettsposten gerecht unter Männern und Frauen aufteilen will. Angelika Niebler, Landesvorsitzende der Frauen-Union, kann die ganze Aufregung nicht verstehen.

SZ: Frau Niebler, was sagen Sie dazu, dass die CSU-Frauen bei der Besetzung der Bundesministerien leer angegangen sind?

Angelika Niebler: Sie sind mitnichten leer ausgegangen. Es ist ein großartiges Signal, dass Dorothee Bär Staatsministerin für Digitales wird. Außerdem haben wir viele CSU-Frauen in anderen wichtigen Positionen wie Marlene Mortler als Bundesdrogenbeauftragte und Andrea Lindholz als Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag.

Nun sind diese Positionen vom Rang deutlich niedriger als ein Bundesministerium.

Wichtig ist, dass Dorothee Bär auch als Staatsministerin am Kabinettstisch Platz nimmt. Das Ressort ist perfekt auf sie zugeschnitten. Für den Posten muss man Erfahrung und Knowhow mitbringen und das hat sie.

Hätte sie nicht auch genug Expertise für das Bundesverkehrsministerium mitgebracht?

Ja, das wäre auch eine Alternative gewesen. Schließlich war sie Parlamentarische Staatssekretärin für Verkehr und digitale Infrastruktur. Sie hätte das sicher genauso gut machen können. Aber ich glaube, ihr Herz hängt am Digitalen, dafür steht und lebt sie. Dorothee Bär wird in der neuen Funktion sehr sichtbar sein und einige Initiativen anstoßen.

Laut CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer soll die Federführung beim Digitalen im Kanzleramt bei Helge Braun liegen. Dorothee Bär soll ihn nur unterstützen.

Daran zeigt sich, dass an Frauen immer strengere Maßstäbe anlegt werden. Ich habe schon das Gefühl, dass Frauen doppelt qualifiziert sein müssen, um für eine führende Position in Frage zu kommen. Bei Politikerinnen wird dann schon öfter nachgefragt: Kann die das, hat sie genügend Expertise? Dennoch bin ich mir sicher, dass Dorothee Bär das Amt gut ausführen wird.

Nun hat Dorothee Bär am Dienstag selbst gesagt, dass die CSU am Thema Frauen noch arbeiten muss.

Da hat sie Recht. Nur acht der 46 Bundestagsabgeordneten der CSU sind weiblich. Darüber muss man reden. Wir haben in unserer Partei eine Sondersituation: In der Regel gewinnen wir alle Mandate über die Direktstimmkreise und nicht über Listenplätze. Über diese könnte man das Geschlechterverhältnis leichter regeln, etwa wenn man Politikerinnen weiter oben auf die Liste setzt oder jeden zweiten Platz mit einer Frau besetzt. Aber bei uns ist das eben anders. Deswegen müssen wir überlegen, wie wir den Frauenanteil bei den Direktstimmkreiskandidaturen erhöhen können.

Die CSU hat nach der AfD am wenigsten weibliche Parteimitglieder. Warum ist die Partei bei diesem Thema so schlecht aufgestellt?

So schlecht sind wir gar nicht aufgestellt. Ich finde, da tut man uns oft Unrecht. Wir haben drei stellvertretende Parteivorsitzende, Ausschussvorsitzende im Bundestag und Landtag, zahlreiche Frauen sind Obfrauen und Sprecherinnen. Klar haben die Grünen und die SPD mehr weibliche Mitglieder und mehr Frauen in der Führung, aber sie haben eine Quotenregelung. Über Quoten schafft man schnell eine höhere Frauenpräsenz. Bei der CSU ist es eher ein organisches Wachstum.

Ein sehr träges Wachstum, oder nicht?

Ja, natürlich ist da noch Luft nach oben. Ich beschönige da nichts. Ich kämpfe seit zehn Jahren dafür, dass der Frauenanteil höher wird. Leider kommt in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig an, dass wir, die Frauen-Union, uns laufend dafür einsetzen, dass Politikerinnen gefördert werden. Wir haben zum Beispiel Mentoring-Programme, um Frauen in die Partei zu bringen und für Führungspositionen vorzubereiten. Auch aktuell planen wir eine Kommission, die Parteistrukturen für Frauen verbessern soll. Da müssen wir jetzt dranbleiben.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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