Französischer Wahlkampf:Farbige Front

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In Frankreich umwerben Le Pens Rechtsradikale die Einwanderer - derweil poltert der Parteiführer weiter mit den bekannten Parolen gegen Ausländer.

Gerd Kröncke

Wird es wirklich eine Entscheidung zwischen der Sozialistin Ségolène Royal und dem Konservativen Nicolas Sarkozy, wenn die Franzosen im Frühjahr den Nachfolger von Jacques Chirac wählen?

Bei der vorigen Wahl hatte es ein bitteres Erwachen gegeben, als Jean-Marie Le Pen, der Landsknecht der französischen Politik, den sozialistischen Kandidaten aus dem Rennen warf. Nun tritt der Führer der rechtsradikalen Partei Front National (FN) zu seinem letzten Gefecht an und will endlich Präsident werden. Er ist der Einzige, der den Favoriten gefährlich werden kann.

Über die Jahre hat Le Pen versucht, sich und seiner Partei ein neues, gleichsam entdiabolisiertes Image zu geben. Vor allem seine Tochter Marine Le Pen versucht die "Front" vom Hautgout der Fremdenfeindlichkeit zu befreien. Nun macht sie sogar mit einem Front-Plakat Furore.

750 000 Plakate mit Bauchfreiheit

Eine junge Frau senkt darauf den Daumen und verkündet: "Rechts/links, sie haben alles kaputtgemacht." Die Dame, deren Jeans so knapp sind, dass sie zwischen Hose und Hemd ein bisschen Bauch freilassen, steht für "Nationalität, Gleichstellung, sozialen Aufstieg" und "Laizismus", vor allem aber für Jean-Marie Le Pen. 750 000 Plakate sind gedruckt. Das Modell ist eine farbige Schönheit.

Die Frau könne eine "Französin mit Immigranten-Hintergrund" sein, vielleicht auch eine "Französin aus einem Übersee-Département", sagte Marine Le Pen bei der Vorstellung des Plakats. Überhaupt habe "eine gewisse Zahl von Franzosen, die von Einwanderern abstammen" die Nase voll von den etablierten Parteien. Die Linke und die Rechte seien gescheitert, und selbst viele Einwanderer wendeten sich Jean-Marie Le Pen zu.

Le Pens Tochter gilt bei den Medien als "FN-light" und kontrastiert des Vaters raue Töne. Der Alte aber lässt das Poltern nicht und bleibt sich selber treu. "Bei uns leben mehr als zehn Millionen Ausländer", sagte er kürzlich wieder und bediente die alten Ängste: "Wir müssen den Strom der Einwanderer stoppen, und zwar vollständig, sonst werden wir Franzosen bald eine Minderheit in unserem eigenen Land sein." Sein Slogan, den er freilich nicht auf Plakate druckt, bleibt: "Frankreich den Franzosen".

"Du liebst es oder du haust ab."

So denken auch die Aktivisten, und sie sollen schließlich die Plakate kleben. In Le Pens Politbüro hatte es deshalb, so heißt es, heftige Auseinandersetzungen um das Bild der farbigen Schönheit gegeben. Die Hardliner fürchten, dass Le Pens traditionelle Klientel geschockt sein könnte, sie hätten gern mit alten rechten Sprüchen geworben wie "La France - entweder du liebst es oder du haust ab". Doch Marine Le Pen hatte sich durchgesetzt.

Jean-Marie Le Pen, Jahrgang 1928, war vor einem halben Jahrhundert der jüngste Abgeordnete der Nationalversammlung. Heute ist er der älteste Präsidentschaftskandidat, den die Fünfte Republik je hatte. Aber selbst sein Alter versucht er zu seinem Vorteil zu wenden. Mit 78 habe der französische Regierungschef Georges Clemenceau, den sie den "Tiger" nannten, den Ersten Weltkrieg geführt und gewonnen.

Dass Le Pen den Elysée erobert, bleibt in hohem Grade unwahrscheinlich - unmöglich ist es nicht. Noch glauben nur wenige, dass er im April in die entscheidende Stichwahl vorrücken wird. Nach den Meinungsumfragen könnte er derzeit mit mehr als 16 Prozent rechnen. Beim vorigen Mal war sein Anteil vier Monate vor der Wahl kaum halb so hoch gewesen.

© SZ vom 13.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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