Frankreichs Kandidaten und ihre Programme:Viel Form, wenig Inhalt

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Polarisiert haben in diesem Wahlkampf vor allem die Präsidentschafts-Anwärter, doch die Programme rückten in den Hintergrund.

Jeanne Rubner

Misstrauisch und unentschlossen - das ist der typische Wähler Frankreichs. Mehr als vier von zehn Befragten wussten Ende März noch nicht, wem sie ihre Stimme geben würden. Und während bei den letzten beiden Wahlen die unsichere Zukunft des Sozialstaates sowie die innere Sicherheit im Mittelpunkt standen, hat die Tageszeitung Le Monde diesmal als zentrales Thema ,,das Misstrauen'' gegenüber dem sozialistischen wie auch dem konservativen Lager ausgemacht. Weniger die Sachthemen als die Personen polarisierten. Um einige Fragen haben die Kandidaten dennoch gestritten.

Umweltpolitik: Sie gehörte zum ersten Mal zu den Konstanten des Wahlkampfes; nicht zuletzt, weil der Umweltaktivist Nicolas Hulot die Kandidaten gezwungen hatte, sich zu einer ökologischen Politik zu bekennen. Unterschiedliche Meinungen vertreten sie allerdings im Wesentlichen nur bei der Kernenergie, wobei nur die Grünen für einen Ausstieg plädieren. Die Sozialistin Ségolène Royal will den Anteil des Atomstroms zugunsten von erneuerbaren Quellen zurückfahren, ihr konservativer Kontrahent Nicolas Sarkozy und auch der Zentrist François Bayrou wollen neue Reaktoren bauen.

Arbeitslosigkeit: Sie ist in den vergangenen zwei Jahren zwar auf knapp neun Prozent zurückgegangen, aber immer noch hoch. Betroffen sind überwiegend Jugendliche, unter denen jeder Fünfte einen Job sucht. Ihnen will Ségolène Royal mit klassischen Fortbildungs- und Arbeitsbeschaffungsprogrammen helfen. An der 35-Stunden-Woche will Royal nicht rütteln, allerdings sollen die Sozialpartner darüber verhandeln dürfen.

Unterschiede in der Einwanderungspolitik

Wirtschaft: Für Sarkozy ("Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen") steht die Lockerung der Arbeitszeit im Mittelpunkt. Zusätzliche Arbeitsstunden sollen erlaubt und zudem von Steuern und Abgaben befreit sein. Eher vage bleibt François Bayrou, der von "sozialer Marktwirtschaft" spricht und die kleinen und mittleren Unternehmen stärken will.

Einwanderung: Sie ist mit Sarkozys Vorschlag, ein Ministerium für Einwanderung und nationale Identität einzurichten, wieder zum Thema geworden. Als Innenminister hatte Sarkozy das Einwanderungsgesetz verschärft: Die Familienzusammenführung wurde erschwert, der Staat kann künftig die Immigration stärker steuern.

Als Präsident würde Sarkozy von Einwanderern auch Französischkenntnisse verlangen. Royal dagegen will die Gesetze wieder lockern und das Recht auf Einbürgerung nach zehn Jahren wieder einführen. Der Zentrist Bayrou will die Legalisierung illegaler Immigranten nur im Einzelfall zulassen und setzt generell auf eine gemeinsame EU-Politik.

© SZ vom 19. April 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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