Frankreich:Villepin übersteht Misstrauensantrag

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Die Opposition macht den Premierminister für eine "schwere Krise der Republik" verantwortlich. Die Abstimmung war knapper als erwartet.

Gerd Kröncke

Mit einem Misstrauensantrag gegen Premierminister Dominique de Villepin haben die französischen Sozialisten am Dienstag den regierenden Bürgerblock erschüttert.

Misstrauensantrag abgeschmettert: Premierminister Dominique de Villepin. (Foto: Foto: AFP)

Zwar scheiterte der Antrag erwartungsgemäß an der absoluten Mehrheit der regierenden UMP; doch die bisher zu den Neogaullisten haltende Zentrumspartei UDF sorgte für eine Überraschung, indem sie erstmals ihre Bereitschaft zu einem Regierungsbündnis mit den Sozialisten andeutete. Ein Teil der UDF mit ihrem Vorsitzenden François Bayrou stimmte mit der Opposition.

Der Schritt der Sozialisten war ausgelöst durch die Clearstream-Affäre, die seit Wochen die Regierung lähmt. Dabei geht es im Kern um den Verdacht, dass Villepin ein Komplott gegen seinen Widersacher im eigenen Lager, Innenminister Nicolas Sarkozy, geschmiedet hat.

Gefälschte Dokumente

Durch Dokumente, die sich als gefälscht herausstellten, sollte Sarkozy von Unbekannten in den Verdacht der Korruption gebracht werden. Als einer der Verdächtigen gilt der Manager Jean-Louis Gergorin, der bereits von seinem Posten als Vize-Präsident des EADS-Konzerns zurückgetreten ist.

Gergorin, ein Freund Villepins, hatte den Ermittlungsrichter Renaud van Ruymbeke eine der Clearstream-Listen ausgehändigt, bestreitet aber, der anonyme Absender der gefälschten Dokumente zu sein. Inzwischen ist auch der Richter in die Kritik geraten.

Wegen angeblicher Unkorrektheiten bei seiner Untersuchung hat Justizminister Pascal Clément die geplante Beförderung des Richters ausgesetzt. Am Dienstag wurde ein weiterer EADS-Manager, der Wissenschaftsdirektor des Unternehmens, Imad Lahoud, beurlaubt.

"Schwere Krise der Republik"

Mit seinem Misstrauensantrag wollte Oppositionsführer François Hollande "eine der schwersten Krisen der Fünften Republik" beenden. Er bezeichnete Villepin und Sarkozy als "gleichermaßen verantwortlich".

Hollande warf Villepin und Sarkozy vor, in dem Verleumdungsskandal den Staat "zur Geisel persönlicher Rivalitäten" und zum Schlachtfeld gemacht zu haben. "Der Hass ist das gemeinsame Gefühl", sagte er. Die Logik verlange "mindestens eine Änderung der Regierung".

Doch hatte der Misstrauensantrag der Sozialisten allenfalls symbolischen Charakter, mit 364 von 577 Abgeordneten verfügt die Regierungspartei UMP über eine erdrückende Mehrheit in der Nationalversammlung.

Villepin: "Verleumdung und Lüge"

Villepin sagte, der Misstrauensantrag sei ein Antrag "im Namen der Verleumdung, Lüge und Gerüchte". Die Linke wolle von ihrer Ideenlosigkeit ablenken. Als Seitenhieb auf Sarkozy wurde Villepins Erklärung aufgefasst, "jeder" in der Regierung werde seine Aufgabe "bis zum letzten Tag" erfüllen.

Sarkozy wird nachgesagt, bald aus dem Kabinett ausscheiden zu wollen, um zur Präsidentenwahl 2007 als Kandidat des Bruchs mit dem alten System antreten zu können.

Der Schritt von UDF-Chef Bayrou wurde teils als mutig, teils als opportunistisch bewertet. Bayrou bereitet offenbar seine Präsidentschaftskandidatur vor und will sich weiter vom Regierungslager absetzen. Die UDF galt ursprünglich als Teil der Regierungsmehrheit und ist noch immer mit einem Minister, Gilles de Robien, in ihr vertreten.

© SZ vom 17.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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