Frankreich:Sarkozy & Söhne

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Von Nachfragen, die wie Wünsche wirken, und einem Staatschef, der sich auf einmal - wie sein Sohn - für Rapmusik interessiert: Frankreichs Präsident Sarkozy steht erneut unter Nepotismus-Verdacht.

Stefan Ulrich

Nicolas Sarkozy mag gefühlte 25 Stunden am Tag über Frankreich regieren, doch daneben findet er stets Zeit für die Familie. Als er noch Innenminister war, veranstaltete die Polizei eine Großaktion samt DNS-Analysen, um den geklauten Roller seines Sohnes Jean zu finden.

Jean (rechts im Bild) und Pierre Sarkozy vor dem Elysée-Palast in Paris. (Foto: Foto: AFP)

Diesen Herbst sollte der junge Jean unter dem Beifall seines Vaters zum Chef einer milliardenschweren Pariser Entwicklungsgesellschaft aufsteigen. Das scheiterte an einem halben Volksaufstand. Die Franzosen argwöhnten, hinter der Vaterliebe verberge sich Nepotismus. Der Präsident selbst gestand jetzt ein, da einen Fehler begangen zu haben.

Anruf aus dem Elysée

Doch kaum ist diese Affäre bewältigt, bringt schon wieder ein Prinz aus dem Hause Sarkozy den Senior in den Verdacht der Söhnchenwirtschaft. Diesmal soll Pierre, der Erstgeborene, vom Elysée begünstigt worden sein, was das Präsidialamt erst einmal bestreitet.

Aber der Reihe nach: Die französische "Gesellschaft der phonographischen Produzenten" (SCPP), der Unternehmen wie Sony oder Universal angehören, vergibt Zuschüsse für Musikproduktionen. Im Oktober lehnte sie den Antrag einer Firma namens Minds Corporation ab, die knapp 10.000 Euro für ein Rap-Projekt beantragt hatte. Der Grund: Auch bei der SCPP sind die Mittel begrenzt, und außerdem gehört ihr die Minds Corporation nicht einmal an. Dennoch erhielt Marc Guez, der Generaldirektor der SCPP, bald einen Anruf aus dem Elysée. Das Präsidialamt wollte wissen, warum Minds Corporation nichts bekomme.

"Sarkozy & Sons"

Nun mag es für die Offenheit des Elysée sprechen, sich für Rapmusik einzusetzen. Zweideutig ist die Sache dennoch. Denn Miteigentümer der Minds Corporation ist ein Mann, der in der Rapper-Szene als "Mosey" bekannt wurde. Sein bürgerlicher Name lautet Pierre Sarkozy. Das sorgt für Missklänge. Wieder einmal stellt sich dem Land die Frage: Missrät der Elysée-Palast zu einer Familienfirma namens Sarkozy & Sons?

Der Kulturberater, der im Fall Minds Corporation eingriff, betont, er habe sich doch nur erkundigen wollen. "In keinem Augenblick hat der Elysée eine Entscheidung in der einen oder anderen Richtung verlangt." Doch manchmal mögen Fragen wie Wünsche wirken. Die SCPP regte jedenfalls an, die Minds Corporation solle einfach Mitglied werden. Dann könne sie den Zuschuss erhalten.

"Pierre bummelt mit einer Schwarzen herum", seufzt Sarkozy

Manche Wähler des konservativen Präsidenten verwundert es ohnehin, wie gut sich Sarkozy und sein rappender Sohn verstehen. Immerhin trat Pierre schon mit Rappern auf, die seinen Vater in ihren Liedern angriffen; und während sich Pierre in einschlägigen Szenelokalen tummelte, ließ Nicolas Sarkozy als Innenminister Rapper wegen aggressiver Texte verfolgen. "Pierre trägt Dreadlocks und bummelt mit einer Schwarzen herum", seufzte der Vater einmal. Bei einem Staatsbesuch in China bat er die Gastgeber, Pierre für ein Praktikum aufzunehmen, sein Junge brauche Autorität.

Der Präsident scheint aber auch stolz zu sein, wie Pierre seinen eigenen Weg geht. Als politischen Erben hat er ohnehin Jean ausersehen, der in der Sarkozy-Hochburg Neuilly mit großem Ehrgeiz gestartet ist. Und im Hintergrund wächst noch ein dritter Sarkozy heran, der zwölf Jahre alte Louis. Der Schüler möge Frankreich bei den UN vertreten, wird im Internet gefordert. Doch das ist nur Spott, der den Vater treffen soll. Der Präsident mag sich mit Ehefrau Carla Bruni trösten. Die singt seit langem erfolgreich und braucht keinerlei Nachhilfe aus dem Elysée-Palast.

© SZ vom 10.11.2009/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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