Frankreich:Justiz wirft Villepin Rufmord vor

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In Paris ist ein Ermittlungsverfahren gegen Dominique de Villepin eröffnet worden. Der Vorwurf: Er soll Präsident Sarkozy verleumdet haben - als Villepin noch Regierungschef und Sarkozy Innenminister war.

Wegen einer Rufmordkampagne gegen den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ist am Freitag ein formelles Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Premierminister Dominique de Villepin eingeleitet worden.

Villepin werde "Mittäterschaft bei verleumderischen Denunziationen" vorgeworfen, sagte sein Anwalt Luc Brossolet. Der vormalige Premier war im Justizpalast über den Schritt informiert worden. Die Ermittlungsrichter Henri Pons und Jean-Marie d'Huy verdächtigen ihn, die berüchtigte Clearstream-Affäre organisiert zu haben.

Zwei Wochen lang hatte sich Villepin auf Tahiti fernab von Paris auf das Verhör durch die Untersuchungsrichter vorbereitet. Der einstige Chefstratege seines Präsidenten Jacques Chirac steht unter schwerem Verdacht: Er soll die Justiz angestachelt haben, gegen Sarkozy wegen Korruption und Steuerhinterziehung zu ermitteln, um dessen Karriere zu zerstören. Dazu soll er über Mittelsleute den Richtern anonym Kontenlisten des Finanzabrechnungsinstituts Clearstream zugespielt haben. Sarkozy stand gleich zwei Mal auf der gefälschten Liste.

Der Skandal hatte die Regierung vor zwei Jahren in eine tiefe Krise gestürzt. Villepin wies den Verdacht energisch zurück: "Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich an einem politischen Manöver beteiligt", sagte er vor Dutzenden Journalisten. Alle seine Handlungen im Zusammenhang mit der Affäre seien seine Pflicht als Minister gewesen.

Umstrittene Konten

Der Beginn des Skandals liegt dreieinhalb Jahre zurück. 2003 waren gefälschte Kontenlisten von Clearstream aufgetaucht, auf denen neben zahlreichen prominenten Politikern auch der Name des damaligen Innenministers und heutigen Präsidenten Sarkozy stand. Die Kontoinhaber hatten angeblich Schmiergeld aus dem Verkauf einer Fregatte an Taiwan aus dem Jahr 1991 erhalten.

Villepin war vor zwei Wochen erneut in Bedrängnis geraten, nachdem die Justiz belastendes Material auf dem Laptop eines Geheimdienstgenerals sichergestellt hatte. Philippe Rondot hatte auf seinem Computer festgehalten, Villepin - damals Außenminister - habe die Weiterleitung der gefälschten Listen an einen Untersuchungsrichter angeordnet, um Sarkozy zu schaden. Der ehemalige Staatspräsident Jacques Chirac war den Aufzeichnungen zufolge der Initiator.

Nicolas Sarkozy deutete die Affäre als Manöver, um ihn auf dem Weg zur Präsidentschaftskandidatur für die konservative Regierungspartei UMP politisch zu erledigen, und erstattete selbst Anzeige. Villepin hatte sich im Jahr 2004 noch selbst Hoffnung auf die Nachfolge Chiracs gemacht.

Eine der Schlüsselfiguren des Skandals ist der Villepin-Vertraute Jean-Louis Gergorin. Der damalige Vize-Chef des EADS-Konzerns hat eingeräumt, anonyme Briefe an die Justiz geschrieben zu haben, in denen Sarkozy angeschwärzt wurde. Die Zeitung Libération veröffentlichte am Freitag Auszüge aus einem Verhör Gergorins aus der vergangenen Woche, in denen Villepin schwer belastet wird.

Bevor es zu einer möglichen Anklage kommt, muss geklärt werden, ob Villepins Aktivitäten im Zusammenhang mit der Clearstream-Affäre in seine Funktion als Minister fielen, wie er bisher beteuert. Er könnte daher gegen die Eröffnung eines formellen Ermittlungsverfahren juristisch vorgehen. Zudem haben nach französischem Gesetz frühere Minister das Recht, dass ihre Fälle von einem speziellen Gerichtshof behandelt werden.

Wegen der Affäre wurden schon mehrere prominente Politiker vernommen, unter ihnen Ex-Premier Jean-Pierre Raffarin und die heutige Innenministerin Michèle Alliot-Marie. Chirac selbst lehnt es ab zu Clearstream auszusagen. Er beruft sich auf die Immunität für Handlungen während seiner Zeit als Staatsoberhaupt. Der Standpunkt ist allerdings umstritten.

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