Frankreich:Das moderne Liebesleben der Kandidaten

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Ségolène Royal lebt in "wilder Ehe" und Nicolas Sarkozy spannte einem Freund die Frau aus: Warum Bernadette Chirac die letzte klassische "première dame" Frankreichs ist.

Wenn in Frankreich am 6. Mai ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin gewählt wird, steht dem Land auch ein kleiner Kulturschock bevor.

Denn die Grande Nation muss Abschied nehmen von der traditionellen Vaterfigur im Präsidentenpalast, zu dem eine Ehefrau an der Seite gehörte und über dessen Affären in den seriösen Medien der Mantel des Schweigens gebreitet wurde.

Ségolène Royal lebt in "wilder Ehe" mit ihrem Partner François Hollande. Sie hat mit dem Chef der sozialistischen Partei PS vier Kinder. Sie haben zwar einen Pacte Civil de Solidarité (PACS) geschlossen und sind damit eine eheähnliche eingetragene Gemeinschaft.

Einen Trauschein wollen beide aber nicht. Sollte Royal als erste Präsidentin in den Élysée-Palast einziehen, so hat Hollande klar gemacht, werde er nicht hinterher ziehen.

Nicolas Sarkozy lebt in zweiter Ehe mit Cécilia zusammen, einer ebenso attraktiven wie temperamentvollen Frau, die ihn an Größe um einige Zentimeter überragt.

2005 erlitt Sarkozy eine seiner schlimmsten Demütigungen, als Cécilia auf der Titelseite des Klatschmagazins Paris Match mit einem mutmaßlichen Liebhaber erschien. Medienwirksam wurde ein dreiviertel Jahr später die Beziehung gekittet, im Wahlkampf tauchte Cécilia wieder völlig ab. Niemanden würde es überraschen, sollte Sarkozy als Single regieren.

Wenn Jacques Chirac nach zwölf Jahren aus dem höchsten Staatsamt scheidet, wird mit seiner Frau Bernadette auch die vorerst letzte klassische "First Lady" Frankreichs von der Bühne verschwinden.

Erstmals übernimmt eine Generation die Macht, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde. Royal, 53 Jahre alt, und Sarkozy, ein Jahr jünger, tragen beide iPods und lassen sich von Popmusikern unterstützen. Die Sozialistin ließ sich im türkisen Bikini ablichten, der Ex-Innenminister taucht regelmäßig in Jogginghose in den Zeitungen auf.

Und ihre Partner haben klar gemacht, dass sie nicht in die traditionelle Rolle in der zweiten Reihe schlüpfen werden: "Beide wollen ihr eigenes Glück und ihre eigenen Ziele realisieren", sagt die Journalistin Christine Clerc, die das Buch "Tiger und Tigerinnen" über Präsidentschaftspaare geschrieben hat. "Die Selbstaufopferung ist nicht mehr in Mode", lautet ihr Fazit.

Verdächtige Fußspuren im Schnee

Spekulationen über eine Beziehungskrise mit Hollande weist Royal zurück: "Wir sind noch zusammen, wir leben noch zusammen."

Pikant ist ihr Verhältnis nicht zuletzt deswegen, weil der mögliche Präsidentinnenpartner in spe selbst zu den mächtigsten Politikern des Landes gehört. Er hätte selbst Präsidentschaftskandidat der PS werden können. Hollande verzichtete aber wegen der höheren Popularität Royals auf die eigene Kandidatur.

Beide stritten im Wahlkampf über die Steuerpolitik. Hollande ließ zudem offen, ob er in einer Regierung Royals ein Ministeramt bekleiden möchte - sollte seine Partnerin ihm überhaupt eines anbieten. Er bewahrt aber seinen Humor. Von Journalisten schon als "Monsieur Royal" angeredet, antwortet er auf die Frage, ob er sich mit dem Titel "First Gentleman" anfreunden könnte: "Der Posten des PS-Chefs ist mir genug."

Das Verhältnis zwischen Sarkozy und Cécilia begann 1984 auf unheilvolle Art, wie Catherine Nay in ihrer Sarkozy-Biographie "Eine Macht namens Sehnsucht" schreibt: Sarkozy verliebte sich in die elegante Tochter eines russischen Einwanderers just in dem Augenblick, als er sie als Bürgermeister von Neuilly mit einem TV-Moderator traute. Seine damalige Frau Marie war schwanger. Der verliebte Sarkozy sorgte dafür, das die Paare in Kontakt blieben. Der Eklat kam vier Jahre später. Marie Sarkozy entdeckte bei einem gemeinsamen Skiurlaub auf der Suche nach ihrem Mann verdächtige Fußspuren. Es waren die von Sarkozy - unter dem Fenster Cécilias. So schreibt es Nay.

Seit 1996 sind Nicolas und Cécilia verheiratet, die Turbulenzen hielten an: Als PR-Beraterin ihres neuen Mannes lernte die neue Madame Sarkozy den Eventmanager Richard Attias kennen. Als 2005 Fotos in Paris Match erschienen, die Cécilia und Attias Händchen haltend beim Spaziergang durch Manhattan zeigten, war Sarkozy außer sich vor Wut. Die Medien rekonstruierten die Trennung akribisch, Sarkozy tröstete sich mit einer Journalistin, mit der er sich beim Staubsaugerkaufen in einem Elektronikmarkt zeigte.

Er selbst beschrieb in seinem Buch "Temoignage" die Trennung von Cécilia als schwerste Prüfung seines Lebens. Mit einem leidenschaftlichen Kuss auf einer Wahlkampfveranstaltung mehrere Monate später wurde ihre Rückkehr ebenso medienwirksam demonstriert. Doch die Gerüchte köcheln weiter. Der Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen ging so weit, die Medien vor der ersten Wahlrunde am vergangenen Sonntag zu Nachforschungen aufzurufen: "Ganz Paris redet über Frau Sarkozy, nur die Presse zeigt keinerlei Neugier", ätzte der Populist.

Am Wahlsonntag brachte Cécilia die Spekulationen zum Verstummen, zumindest vorerst: Als ihr Mann seine Stimme abgab, zeigte sie sich an seiner Seite.

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