Frankreich:Chirac beendet seine politische Karriere

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Bei der Wahl im April wird Jacques Chirac nicht mehr antreten. Bewegt hat er den Verzicht auf eine neue Kandidatur erklärt: "Ich liebe Frankreich leidenschaftlich", sagte der scheidende Staatschef.

Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac,74, kandidiert nicht für eine dritte Amtszeit. Er werde sich bei der Wahl in sechs Wochen nicht um ein neues Mandat bemühen, sagte Chirac am Sonntagabend in einer Fernsehansprache.

Die Wahl ist damit die erste seit mehr als einem Vierteljahrhundert, bei der Chirac nicht selbst antritt. Mit seinem Verzicht war gerechnet worden. Bereits im Januar hatte Chiracs bürgerliche Partei UMP seinen Rivalen, Innenminister Nicolas Sarkozy, zu ihrem Kandidaten nominiert.

"Am Ende des Mandats, das Sie mir anvertraut haben, wird der Moment für mich gekommen sein, Ihnen auf andere Weise zu dienen", sagte Chirac in seiner teilweise mit bewegter Stimme vorgetragenen, zehnminütigen Ansprache. Er liebe das Land "leidenschaftlich", sagte der scheidende Staatschef. Nach seinem Ausscheiden werde er weiter "die Kämpfe führen, die unsere sind, die Kämpfe meines ganzen Lebens, für Justiz, für Fortschritt, für Frieden, für Frankreichs Größe."

Die Bevölkerung forderte er auf, sich ,,niemals mit dem Extremismus, dem Rassismus, dem Antisemitismus oder der Zurückweisung des Anderen einlassen".

Chirac ist gut 40 Jahre in der Politik gewesen, die vergangenen zwölf residierte er als Präsident im Elysée-Palast. Unter seiner Ägide war das Quinquennat eingeführt worden, die Begrenzung der Präsidentschaft auf fünf Jahre. Sein Vorgänger François Mitterrand hatte es noch auf zweimal sieben Jahre gebracht.

Dass Chirac ein weiteres Mal antreten würde, galt schon lange als unwahrscheinlich. Der Knick in der Sympathiekurve kam mit der Niederlage beim Referendum zur EU-Verfassung. Sie gilt als einer der gravierenden Rückschläge seiner Präsidentschaft. Auch während der Aufstände in den Vorstädten war es Chirac nicht gelungen, dem Land moralischen Halt zu vermitteln.

Schließlich ist mit seiner zweiten Amtszeit auch das Scheitern des CEP-Gesetzes verbunden, des Beschäftigungsgesetzes, das nach heftigen Demonstrationen von der Regierung zurückgenommen werden musste. Damit war auch die Zukunft von Chiracs Wunschkandidat, Premier Dominique de Villepin, verbaut.

Sarkozy hofft auf Chiracs Unterstützung

Die erwartete Absage Chiracs fällt in eine Situation, die für den Wahlkampf entscheidend sein kann. Sollte in der ersten Runde am 22. April keiner die absolute Mehrheit erhalten, entscheidet am 6. Mai eine Stichwahl. Erstmals erscheint es laut den Umfragen vom Wochenende nun denkbar, dass François Bayrou, der sich als Protagonist der Mitte sieht, in den zweiten Wahlgang einziehen, also die Sozialistin Ségolène Royal verdrängen könnte.

Umso mehr ist dem bürgerlichen Kandidaten Sarkozy daran gelegen, dass ihm Chirac den Rücken stärkt. "Es wäre ein bedeutendes politisches Ereignis", ließ sich Sarkozy zitieren, "wenn er mir seine Unterstützung gewähren würde." Chirac sagte am Sonntag, er wolle sich später dazu äußern, wen er wähle.

Schon vorige Woche hatte Sarkozy zwei wichtige Unterstützer für sich gewonnen. Simone Veil, eine moralische Instanz der französischen Politik, und den früheren Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing.

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