Fragwürdige Konferenz:Revisionisten unter sich

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Zur "Holocaust-Konferenz" in Teheran kommen überwiegend Teilnehmer, die Massenmord an den Juden leugnen.

Von Rudolph Chimelli

In der iranischen Hauptstadt Teheran hat Außenminister Manutschehr Mottaki am Montag eine zweitägige "Holocaust-Konferenz" eröffnet. Zweck des Treffens, das von Präsident Mahmud Ahmadinedschad angeregt worden war, solle aber nicht sein, die Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg zu bestreiten oder zu bestätigen, sagte er.

Es solle vielmehr Gelegenheit zu freier Diskussion geben. Doch unter den 67 Teilnehmern aus 30 Ländern waren die Revisionisten fast unter sich. So erhielt der frühere französische Literaturprofessor Robert Faurisson, der wegen Leugnung des Holocausts mehrmals verurteilt worden war, für seine Rede ungeteilten Beifall.

"Wundervolles Treffen"

Faurisson beklagte, dass ein "wundervolles Treffen" wie das in Teheran in Frankreich nicht möglich wäre. Denn der Grundsatz Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit gelte für alle, außer für Revisionisten.

Stars der Veranstaltung waren fünf orthodoxe Rabbiner, überwiegend aus Amerika, die in der ersten Reihe saßen. Sie trugen Anhänger mit dem Motto "Jude, nicht Zionist". Sie lehnen laut eigenen Angaben den Staat Israel aus religiösen Gründen ab: Seine Gründung sei eine Rebellion gegen das Exil und die Zerstreuung, die von Gott auferlegt worden sei.

Dies entspricht der traditionellen Haltung, mit der die Mehrheit frommer Juden lange Zeit auf den Zionismus reagierte. Heute stimmt eine kleine Minderheit, die an dieser Überzeugung festhält, in der Konsequenz mit dem iranischen Präsidenten überein, der wiederholt eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts durch die Rückkehr der Israelis in die europäischen Heimatländer ihrer Vorfahren gefordert hat.

"Friedliche Auflösung Israels"

Die Haltung Ahmadinedschads war auch der Grund für die fünf Rabbiner, nach Teheran zu kommen. So schlug Rabbi Mosche David Weiss aus New York bei der Konferenz eine "völlig friedliche Auflösung Israels" vor.

Den Holocaust bestritt er nicht, aber er sagte, es sei nicht Sache des jüdischen Volkes, die Verursacher seiner Leiden zur Rechenschaft zu ziehen. Dies sei nur Gott gestattet. Sein Kollege aus Wien, Rabbi Moische Ayre Friedman, der sich als "alter Freund der islamischen Republik Iran" bekannte, ging weiter: "Das Land Palästina gehört nicht den Juden."

Hunderttausende Juden auf Erden beteten für die Auflösung oder Zerstörung Israels. Für Friedman, der in der jüdischen Gemeinde Österreichs weitgehend isoliert ist, wurde der Holocaust als "erfolgreiche historische Fiktion" instrumentalisiert, um die Vorherrschaft Israels und seiner Sympathisanten zu etablieren. Über die Zahl von sechs Millionen Holocaust-Opfern ist laut Friedman "das letzte Wort noch nicht gesprochen".

Politische Stellungnahmen von iranischer Seite blieben auf der Konferenz am Montag aus. Für die staatliche gelenkten Medien und die privaten Zeitungen fand das Ereignis bisher nicht statt. Ahmadinedschad schickte weder eine Grußbotschaft noch erschien er selbst - wie es einige Teilnehmer eigentlich erwartet hatten.

25.000 Juden im Iran

Ob es eine Audienz für sie geben wird, ist noch ungewiss. Der aus Australien angereiste deutschstämmige Referent Frederick Tolben sagte dem Sunday Telegraph: "Ich wäre sehr enttäuscht, wenn ich ihm nicht begegnen würde. Mehr kann ich nicht sagen. Es ist, wie wenn man der Königin von England vorgestellt wird. Davon redet man vorher auch nicht."

Auch wurde nicht ersichtlich, welche Absicht Teheran mit der Veranstaltung verfolgt. Dem Ansehen des Regimes im Westen ist sie abträglich, und die Ausstrahlung in die arabische Welt ist ungewiss. Den Iranern als Volk ist der israelisch-palästinensische Konflikt, ungeachtet der Erklärungen ihrer Regierung, weitgehend einerlei. Die 25.000 iranischen Juden haben in ihrem Alltag keine Probleme.

Sprecher aus Deutschland stehen nicht auf der Tagesordnung der Konferenz. Der NPD-Vorstand hatte zwar Einladungen erhalten, kam ihnen jedoch nicht nach. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums sagte, dass sechs Deutsche als einfache Touristen nach Teheran gekommen seien und ihr Visum am Flughafen erhalten hätten.

Der frühere Bundesvorsitzende der rechtsextremen NPD, Günther Deckert, hatte in der vergangenen Woche seinen Reisepass bei der nordbadischen Stadt Weinheim abgeben müssen. Dem RAF-Mitbegründer und heutigen Rechtsextremisten Horst Mahler war vom Brandenburger Innenministerium bereits im Januar eine Reisebeschränkung auferlegt worden.

Der Kölner Psychiater Benedikt Frings fand die Einladung in einer revisionistischen historischen Zeitschrift und meldete sich vor einem Vierteljahr an. Eine aktive Rolle will er auf dem Kongress nicht übernehmen. "Ich bin Arzt und will es bleiben", sagte er.

© SZ vom 12.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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