Folter im Irak:"Wach halten, die Hölle bereiten, zum Sprechen bringen"

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Sexuelle Erniedrigung, Vergewaltigung von Männern und Frauen, die Liste im Bericht eines hohen US-Offizier über das irakische Folter-Gefängnis Abu Ghraib ist lang und sie ist schockierend. Der Druck auf Verteidigungsminister Rumsfeld, aber auch auf die britische Regierung wächst. Die Frage ist: Was wussten Rumsfeld und sein britischer Kollege Hoon oder was hätten sie wissen müssen?

Im Untersuchungsbericht des US-Generalmajors Antonio Taruba heißt es, der US-Militärgeheimdienst habe die Militärpolizei angewiesen, "körperliche und psychische Mittel anzuwenden, um die Befragung von Zeugen zu erleichtern".

Wachmannschaft des US-Lagers in Guantanamo Bay (Foto: Foto: AP)

Tarubas 53 Seiten starker Bericht enthält schockierende Details über die Brutalität im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib: So hätten US-Soldaten nicht nur männliche, sondern auch weibliche Insassen nackt fotografiert.

Gruppen von Gefangenen seien zum Masturbieren gezwungen und dabei gefilmt oder fotografiert worden.

Wach halten, die Hölle bereiten, zum Sprechen bringen

Ein US-Militärpolizist habe Sex mit einer irakischen Insassin gehabt. Ein Gefangener sei mit einer Neonröhre und vermutlich auch mit einem Besenstiel vergewaltigt worden. Hunde ohne Maulkorb seien zur Einschüchterung der Insassen eingesetzt worden. In mindestens einem Fall sei ein Gefangener gebissen und dabei schwer verletzt worden.

Die wegen der Vorfälle in Abu Ghraib angeklagte US-Militärpolizistin Sabrina Harman schrieb der Washington Post, der US-Militärgeheimdienst habe der Militärpolizei die Aufgabe übertragen, zum Verhör bestimmte Gefangene "wach zu halten, ihnen die Hölle zu bereiten, um sie zum Sprechen zu bringen".

"Schlaf, Essen, Kleidung, Matratzen, Zigaretten gehörten alle zu den Privilegien und wurden für die Herausgabe von Informationen gewährt.

Die Washington Post berichtete, das Pentagon habe in Guantánamo auf Kuba Verhörmethoden wie Schlafentzug zugelassen, die teilweise von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld persönlich genehmigt werden mussten. Ähnliche Methoden seien auch in Irak erlaubt worden.

Die Zeitung berichtete unter Berufung auf Pentagonkreise, das US-Verteidigungsministerium habe im April vergangenen Jahres Verhörmethoden für Guantánamo zugelassen, bei denen die Gefangenen Kälte und Hitze sowie lauter Musik und grellem Licht ausgesetzt werden konnten.

In Irak ähnlich verhört wie in Guantanamo

Etwa 20 Verhörmethoden seien auf höchster Ebene im Pentagon und im Justizministerium gebilligt worden, für einige sei die Genehmigung des Verteidigungsministers erforderlich gewesen. Ähnliche Verhörmethoden seien auch für Gefangene in Irak gestattet worden, die verdächtig waren, mit Terroristen oder Aufständischen in Kontakt zu stehen.

Der republikanische Senator Lindsey Graham sagte nach der Anhörung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor dem Streitkräfteausschuss des Senats in Washington, die Untersuchungen könnten auch Fälle von Mord und Vergewaltigungen ans Licht bringen. "Wir sprechen nicht nur davon, dass Menschen erniedrigt wurden", sagte Graham.

Rumsfeld hatte während seiner Befragung die politische Verantwortung für die Misshandlungen an irakischen Gefangenen übernommen und sich bei den Opfern entschuldigt. Seinen Rücktritt schloss der 71-Jährige aus.

Britischer Ex-Offizier: Misshandlungen werden gelehrt

US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sagte der New York Times, der Verteidigungsminister genieße weiterhin die "stärkstmögliche Unterstützung" von US-Präsident George W. Bush.

Bush spielte das Ausmaß der Misshandlungen in Irak als Einzelfälle herunter. In seiner wöchentlichen Radioansprache sagte er am Samstag, bei den Tätern handele es sich um eine "kleine Zahl" von Männern und Frauen.

Ein ehemaliger Offizier der britischen Armee-Spezialeinheit Special Boat Squadron (SBS) bezeichnete die bekannt gewordenen Misshandlungen dagegen als systematisch. Die von britischen und US-Soldaten angewandten Techniken entsprächen weitgehend einer Vorgehensweise, die bei der SBS und der Schwestereinheit SAS unter der Bezeichnung "R2I" (Resistance to Interrogation, Widerstand gegen Verhöre) gelehrt werde, sagte der Ex-Offizier dem Guardian.

Zu den Methoden gehörten sexuelle Misshandlungen. Auch systematischer Schlafentzug, der Verlust des Zeitgefühls, der Entzug von Wärme, Essen und Getränken sowie die persönliche Entwürdigung gehörten zu den Techniken.

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