FDP im Bundesrat:Erst spotten, dann nicken

Lesezeit: 2 min

Wenn die Wahlen in Hessen eine schwarz-gelbe Koalitionsregierung ergeben, hat die FDP im Bundesrat eine Sperrminorität - und die Pflicht, konstruktiver zu werden.

Peter Blechschmidt

FDP-Chef Guido Westerwelle übt einen Drahtseilakt. Das Konjunkturpaket der großen Koalition überschüttet er im Bundestag in gewohnter Manier mit Hohn und Spott. Demnächst aber könnten die Liberalen im Bundesrat gefordert sein, eine deutlich konstruktivere Rolle einzunehmen, wenn nämlich bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag auch in Hessen eine schwarz-gelbe Koalition möglich werden sollte - wofür ja alle Umfragen sprechen.

Eine Politik des harten Neins kommt für Guido Westerwelle nicht in Frage. (Foto: Foto: ddp)

Dann wären die Liberalen in fünf Landesregierungen vertreten und hätten in der Länderkammer eine Sperrminorität. Somit müsste sich die FDP entscheiden, ob sie maßgebliche Teile des Konjunkturpakets scheitern lassen möchte.

Einige Äußerungen von FDP-Politikern sind bereits so interpretiert worden, als wolle die FDP eine Blockade-Strategie verfolgen. Diesen Eindruck aber will der Parteivorsitzende auf keinen Fall entstehen lassen. Bei aller Lust am Opponieren ist Westerwelle doch stets bemüht, seine Partei und sich selbst als staatstragend darzustellen.

Eine Politik des harten Neins, wie sie etwa gegen Ende der christlich-liberalen Regierung unter Helmut Kohl der damalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine im Bundesrat verfolgt hatte, kommt für Westerwelle nicht in Frage. Andererseits muss er darauf achten, dass er sein Drohpotential gegenüber den Regierungspartnern CDU und CSU in den Ländern nicht durch allzu frühe Signale der Kompromissbereitschaft verschleißt.

Westerwelles Richtlinie für seine Partei ist deshalb nicht das strikte Nein, sondern ein "So nicht". Ob Parteivize Rainer Brüderle, der hessische Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn oder dessen niedersächsischer Kollege Philipp Rösler, der als künftiger Landeswirtschaftsminister auch das Amt des Koordinators zwischen den an Landesregierungen beteiligten FDP-Verbänden übernommen hat - sie alle kündigen an, im Bundesrat für Verbesserungen des Regierungspakets sorgen zu wollen.

Daraus gewinnt die FDP sogar noch Munition für die Schlussphase des hessischen Wahlkampfs: Wer mit den Plänen der großen Koalition nicht zufrieden sei, der solle FDP wählen.

Möglichkeiten nachzubessern sehen die Liberalen etwa beim Eingangssteuersatz. Die von der Koalition geplante Absenkung von 15 auf 14 Prozent erscheint ihnen zu mickrig; zwölf Prozent sollten es schon sein, eine Marke, die auch in der Union bereits genannt wurde.

Beim Steuertarif wollen die Liberalen stärker als die Koalition die kalte Progression abmildern. Die geplante Abwrackprämie für Altautos halten sie für einen schlechten Witz: Wer ein neun oder mehr Jahre altes Auto fahre, der habe auch mit der staatlichen Prämie wohl kaum genug Geld für ein neues Fahrzeug, schon gar nicht für eins aus deutscher Produktion.

Bei alldem muss die FDP aufpassen, dass sie sich nicht selbst ihres nach wie vor größten Wahlkampfschlagers beraubt - dem Ziel einer großen Steuerstrukturreform. Die hohe Staatsverschuldung in Folge des Konjunkturpakets lässt dafür ohnehin kaum noch Luft. Wenn nun noch weitere Steuersenkungen ins Koalitionsprogramm gedrückt würden, minderte dies die Chancen für einen großen Wurf noch mehr.

Zwar versichert der Finanzexperte der Liberalen, Hermann-Otto Solms, unverdrossen: "Wir rücken von unserem Plan nicht einen Millimeter ab." Es gehe schließlich nicht nur um Entlastung der Bürger, sondern auch um ein als gerecht empfundenes System. Dafür gebe es nicht nur nach wie vor Spielraum, es sei vielmehr "unausweichlich". Doch zum Drahtseilakt im Bundesrat kommen damit noch gehörige Rechenkunststücke hinzu.

© SZ vom 15.01.2009/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: