Fall Kurnaz:Grenzen des Geheimen

Bislang hat die Bundeswehrführung konsequent geschwiegen, wenn es um die Einsätze und Aufträge der Elite-Truppe "Kommando Spezialkräfte" ging. Das ändert sich nun.

Peter Blechschmidt

Ein scheidender Sprecher des Verteidigungsministeriums hat KSK kürzlich so buchstabiert: konsequenter Schweige-Kurs. Das war die bisherige Linie der Bundeswehrführung, wenn es um die Einsätze und Aufträge der Elite-Truppe "Kommando Spezialkräfte" ging.

Von diesem Kurs ist Minister Franz Josef Jung (CDU) im Fall Kurnaz jetzt abgewichen, und auch wenn dies unter starkem öffentlichen Druck geschieht, so ist er doch dafür zu loben.

Zur Geheimhaltung in diesem speziellen Fall besteht kein Anlass: Die Vorgänge liegen lange zurück, laufende Operationen können nicht gefährdet werden.

Vor allem aber ist Offenheit dringend geboten, weil der Vorwurf des ehemaligen Guantanamo-Gefangenen Murat Kurnaz, er sei von Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan misshandelt worden, sehr schwer wiegt.

Scharping als Sündenbock

Nur eine lückenlose Aufklärung kann Schaden von der Bundeswehr abwenden und das KSK von dem Verdacht befreien, es habe den Vertrauensvorschuss von Parlament und Öffentlichkeit missbraucht. Das KSK darf ebenso wie die Nachrichtendienste im Geheimen operieren, aber nicht im rechts- oder kontrollfreien Raum.

Unabhängig davon muss geklärt werden, ob Fälle wie der von Kurnaz oder der des CIA-Opfers Khaled el-Masri politisch korrekt gehandhabt wurden. Im Fall Kurnaz deutet einiges darauf hin, dass ausgerechnet die SPD ihren früheren Verteidigungsminister Rudolf Scharping zum Sündenbock machen will - zu welchem Zweck auch immer.

Auf keinen Fall aber darf es sein, dass sich der Verteidigungsausschuss in Sachen Kurnaz als geheim tagender Untersuchungsausschuss konstituiert, um eine öffentliche Aufklärung zu verhindern.

© SZ vom 19.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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