Fahndung:Von einem Phantom läuten hören

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Der weltweit gesuchte Ex-Rüstungsstaatssekretär Pfahls löst mit angeblicher Kontaktaufnahme zur Justiz Verwirrung aus.

Peter Richter/Hans Leyendecker

Seit fünf Jahren ist die Fahndungssache ZD 14-91/99 ungelöst. Weltweit suchen Zielfahnder des Bundeskriminalamts (BKA) nach dem ehemaligen Rüstungs-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls, 61, gegen den die Augsburger Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit Panzerexporten nach Saudi-Arabien eine Anklage wegen Verdachts der Bestechlichkeit, der Untreue und der Steuerhinterziehung zusammengetragen hat. Pfahls soll vom Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen Mark erhalten haben. Angeblich wurde das Phantom in Zürich, London, Schanghai und etwa sechzehn Orten mehr gesichtet, doch es gibt keine heiße Spur, nicht mal ein Spürchen.

Am Mittwoch meldete die Münchner Abendzeitung überraschend, der lang Gesuchte habe ein Fernschreiben nach Deutschland geschickt, um mit einem Anwalt Kontakt aufzunehmen. Das Schreiben sei "in einem Postamt in Frankreich" aufgegeben worden. "Offenbar will Pfahls verhandeln." Der Bericht löste bei Experten und bei den Behörden Verwirrung aus. Weder beim BKA noch bei der Augsburger Staatsanwaltschaft hat sich ein Anwalt gemeldet, der in Sachen Pfahls verhandeln will. Sein Pflichtanwalt Gerhard Decker sagte am Mittwoch, er habe "noch nie" Kontakt mit Pfahls gehabt.

Münchner Gerüchteküche

Die Beamten vom Zielfahndungsreferat 14 des BKA haben keinen Hinweis, dass sich der einstige CSU-Spitzenbeamte, der inzwischen aus der Partei ausgeschlossen wurde, in Frankreich aufhalten könnte. Der Bundesnachrichtendienst (BND), der in die Suche eingeschaltet worden ist, hält es für wahrscheinlich, dass der Staatssekretär a.D. und Ex-Geheimdienstler, der beste Verbindungen nach China und Taiwan pflegte, in Asien untergetaucht ist. Natürlich vorausgesetzt, er lebt noch. Pfahls war ein kranker Mann. Eine Tochter von Pfahls erklärte auf Anfrage, sie wisse von nichts und werde auch nichts zu dem Thema sagen.

Die Autorin des AZ-Berichts, die als seriös gilt, wies die Ermittler bei Anfragen auf den Informantenschutz hin. Angeblich soll ein Verbindungsmann von Pfahls eingeschaltet worden sein, um Kontakt mit dem Anwalt aufzunehmen.

Wer der Verbindungsmann sein soll, wie der Anwalt heißt, ist den Behörden jedenfalls nicht bekannt. In Münchner Anwaltskreisen kursieren seit Monaten Gerüchte über den Fall Pfahls und die mögliche juristische Aufarbeitung vor Gericht. Es gibt etliche Anwälte, die den Prominenten gern verteidigen würden - vermutlich aber weiß Pfahls nichts von deren Existenz. Angeblich will Pfahls - so mutmaßt die AZ-Autorin - erkunden, ob der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben werden kann. Sein Anwalt soll auch juristische Details wie den Verjährungstermin klären.

Das Problem Verjährung

Wann sich Pfahls bei einer Rückkehr nach Deutschland vor Strafverfolgung sicher fühlen könnte, weil die Straftaten verjährt sind, ist auch unter Juristen höchst umstritten. Die Augsburger Staatsanwaltschaft gibt sich sicher, dass es noch mehrere Jahre dauert, bis die Verjährung eintritt.

Im Fall der mutmaßlichen Steuerhinterziehung ist eine Strafverfolgung maximal zehn Jahre nach Erlass des Steuerbescheids und fünf Jahre nach Zulassung der Anklage durch das Gericht möglich. Nach Rechnung der Augsburger Ermittler, die öffentlich nichts zu den Verjährungsfristen erklären, würde danach beim Delikt Steuerhinterziehung die Verjährung erst am 21. Februar 2007 eintreten.

Möglicherweise ist die mutmaßliche Bestechlichkeit, von der weiterhin ausgegangen wird, allerdings längst verjährt. Denn am 2. September 1991, so steht es in der vom Augsburger Landgericht zugelassenen Anklage, soll Schreiber die 3,8 Millionen Mark auf ein für Pfahls eingerichtetes Konto überwiesen haben. Nach zehn Jahren läuft normalerweise die Verjährung aus.

Die Ermittler haben fieberhaft nach Möglichkeiten gesucht, um eine drohende Verjährung hinauszögern zu können. Es komme darauf an, so die Argumentation, wann die Tat vollendet war. Wann beispielsweise habe Pfahls die 3,8 Millionen Mark bekommen - wenn er sie bekommen hat? Das Phantom Ludwig-Holger Pfahls gibt weiter viele Rätsel auf.

© SZ vom 01.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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