Expertenurteil über Geisel-Video:Zuerst drohen, dann den Preis hochtreiben

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Deutsche Sicherheitsfachleute glauben, dass die Entführer der beiden Deutschen im Irak die unverholene Morddrohung nicht wahr werden lassen. Die Kidnapper hätten anderes im Sinn.

Sicherheitsexperten der Bundesregierung werten das mit der Morddrohung verbundene Ultimatum einem Zeitungsbericht zufolge als Drohkulisse für eine spätere Lösegeldforderung. Wie die Bild am Sonntag aus Berliner Regierungskreisen erfuhr, seien die Entführer im Irak offenkundig enttäuscht vom bislang geringen öffentlichen Echo ihrer Tat in Deutschland.

Die Bundesregierung wird nach Einschätzung des CDU-Außenpolitikers Eckart von Klaeden alles in ihrer Macht Stehende für die Freilassung der beiden entführten Deutschen im Irak unternehmen.

"Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung alles tut, um die Geiseln frei zu bekommen", sagte der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Er betonte allerdings auch: "Die Bundesregierung ist nicht erpressbar."

Deutsche bittet unter Tränen um Hilfe

Die Entführer drohen in einer Videobotschaft mit der Ermordung ihrer Geiseln, falls die Bundeswehr nicht innerhalb von zehn Tagen aus Afghanistan abzieht. Erst am Freitag hatte der Bundestag eine Entsendung von Aufklärungs-Tornados nach Afghanistan und damit eine Ausweitung des Engagements der Bundeswehr in dem Land beschlossen.

Die verschleppte 61 Jahre alte Deutsche bittet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in dem Video unter Tränen um Hilfe. Der CDU-Außenpolitiker Klaeden riet zu Zurückhaltung, um die Frau und ihren Sohn nicht zu gefährden.

"Öffentliche Spekulationen sollten im Interesse der Geiseln unterbleiben", sagte von Klaeden. Die Bundesregierung wollte sich nicht zur Forderung der Entführer äußern. Das Auswärtige Amt verwies auf die Arbeit des Krisenstabes.

Die Bundeswehr wird nach Ansicht von Klaedens noch mindestens ein Jahrzehnt in Afghanistan bleiben. "Klar ist, dass es ein lang andauernder Einsatz ist, dessen Ende heute nicht absehbar ist", sagte er. "Ich rechne damit, dass es mindestens ein Jahrzehnt dauert." Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck geht in der Bild am Sonntag davon aus, dass der Einsatz noch zehn Jahre dauern kann.

Taliban drohen mit Tötung eines entführten Journalisten

Deshalb hätten sie jetzt das Video mit den flehenden Geiseln angefertigt. Trotz der Morddrohung der irakischen Geiselnehmer lehnt die Bundesregierung die Forderungen der Entführer laut BamS ab. Es werde keinen Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan geben, wie ihn die Entführer gefordert hätten.

Unterdessen ist auch im Fall eines in Afghanistan entführten italienischen Journalisten ein Ultimatum eingegangen. Die radikalislamischen Taliban haben damit gedroht, den Journalisten innerhalb von sieben Tagen zu töten, falls Italien keine Frist für den Abzug seiner 2000 Soldaten aus Afghanistan festlegen sollte.

Mullah Dadullah, der als Militärchef der Taliban in Südafghanistan gilt, forderte in einem Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur AFP außerdem die Freilassung von zwei Taliban-Sprechern, von denen der eine in Pakistan, der andere in Afghanistan inhaftiert ist.

Dadulla sagte, der für die italienische Tageszeitung La Repubblica arbeitende Daniele Mastrogiacomo werde in der südlichen Provinz Helmand festgehalten und sei "bei guter Gesundheit".

Die Zeitung hatte angegeben, seit Sonntag jeden Kontakt zu ihrem 52-jährigen Sonderkorrespondenten verloren zu haben. Mastrogiacomo geriet offenbar am Montag in die Gewalt der Taliban, als er von Kandahar nach Helmand reisen wollte.

Afghanischen Behörden zufolge ordnete Mullah Dadullah 2003 persönlich per Satellitentelefon die Hinrichtung eines Schweizer Delegierten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) an, der in Südafghanistan verschleppt worden war.

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