Europas Außengrenzen:Hunderte erreichen Ceuta

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Etwa 700 junge Männer überwinden den Zaun zur spanischen Exklave in Marokko. Spanische Medien vermuten einen politischen Hintergrund.

Von Thomas Urban, Madrid

Erneut haben mehrere Hundert afrikanische Migranten in der Nacht zum Montag den Grenzzaun zu der spanischen Exklave Ceuta überwunden. Nach Angaben der spanischen Behörden haben etwa 700 teils mit Knüppeln bewaffnete junge Männer sich mit einer kleinen Gruppe marokkanischer Grenzschützer eine Schlacht geliefert. Etwa der Hälfte sei es gelungen, über den sechs Meter hohen Dreifachzaun zu steigen oder durch Tore, die mithilfe von Drahtschneidern und Hämmern geöffnet wurden, auf das Gebiet der etwa 85 000 Einwohner zählenden Hafenstadt zu gelangen. Bereits vergangene Woche waren mehr als 500 "Subsaharianos", wie die Einwohner der Staaten südlich der Sahara genannt werden, über den Zaun geklettert.

In Spanien spekuliert man über einen politischen Hintergrund der jüngsten Aktionen

Die spanischen Medien spekulieren über einen politischen Hintergrund der Aktionen: Marokko streitet derzeit mit der EU über ein neues Handelsabkommen, Konfliktpunkt ist die Einbeziehung der ehemaligen spanischen Kolonie West-Sahara, die Rabat annektiert hat. Vertreter der marokkanischen Regierung hatten in den vergangenen Tagen damit gedroht, dass es zu einem neuen "Flüchtlingsstrom" kommen könnte, falls man sich nicht einige. In den vergangenen Jahren hatten die Marokkaner versucht, den Ansturm auf die beiden spanischen Exklaven strikt zu begrenzen.

Freudentanz: Sie haben es auf spanischen Boden geschafft. (Foto: Antonio Sempere/AFP)

Bei der jüngsten Aktion zogen sich mehrere Dutzend Menschen Schnittverletzungen an Händen und Beinen zu, die vom spanischen Roten Kreuz versorgt wurden. Die Zäune sind durch Nato-Draht mit scharfen Klingen verstärkt, Schilder warnen davor. Auch verteilen die marokkanischen Behörden Handzettel an den Sammelpunkten der Afrikaner in den Wäldern um Ceuta und um die 250 Kilometer weiter östlich gelegene zweite spanische Exklave Melilla. Auf den Informationsblättern wird auch aufgeführt, unter welchen Voraussetzungen ein Asylantrag Erfolg haben kann. Die marokkanischen Grenzschützer lassen allerdings Menschenrechtsgruppen zufolge nur Flüchtlinge aus dem Nahen Osten bis zu den spanischen Kontrollpunkten vor. Auf diese Weise sind 2016 Presseberichten zufolge etwa 10 000 Iraker und Syrer auf das spanische Festland gekommen.

Nach Angaben der spanischen Caritas ist die Mehrheit der Afrikaner, die es nach Ceuta oder Melilla schaffen, zwischen 16 und 21 Jahren alt. Die meisten kommen aus Mittelstandsfamilien, nur ein Bruchteil macht politische Verfolgung geltend. Madrid hat mit einigen Staaten südlich der Sahara Rückführungsabkommen geschlossen. Laut der Internationalen Organisation für Migration gelangten 2016 insgesamt etwa 18 000 Asylsuchende nach Spanien. Das Gros reiste mit Genehmigung der Behörden weiter nach Frankreich und Deutschland.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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