EU-Kommission:Änderungen auf sechs Positionen

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Im Streit um die neue EU-Kommission scheint eine Einigung in Sicht: Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso will nach der heftigen Kritik sein Team gleich auf sechs Positionen umbauen. Vor allem die lettische Kandidatin Ingrida Udre und der umstrittene Italiener Rocco Buttiglione werden in Barrosos Planungen nicht weiter berücksichtigt.

Die Krise der EU-Kommission hat die Unterzeichnung der EU-Verfassung am Freitag in Rom geprägt. Nach der Zeremonie berieten die Staat- und Regierungschefs über Auswege. Sie sagten dem künftigen Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso Unterstützung bei der Suche nach neuen Kandidaten zu.

Barroso will in seinem unter dem Druck des EU-Parlaments zurückgezogenen Team einige Personen auswechseln. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll es auf mindestens sechs Positionen Veränderungen geben. Der umstrittene Italiener Rocco Buttiglione ist zum Verzicht bereit.

Barroso hatte sein Team am Mittwoch zurückgezogen, weil das Europaparlament es abzulehnen drohte. In der Kritik steht vor allem der designierte italienische Justiz- und Innenkommissar Buttiglione wegen seines konservativen Familienbildes. Nach dem Gipfel sagte Barroso: "Wir brauchen mehr Zeit, damit ich mit einigen der Regierungschefs sprechen kann, um eine bessere Auswahl zu bekommen."

"Punktuelle Veränderungen"

Er wolle hart arbeiten und dann eine Kommission vorstellen, die "starke Unterstützung und das volle Vertrauen des Parlaments hat". Die Lösung des Streits erfordere ein "sehr diskretes Vorgehen".

Bundeskanzler Gerhard Schröder drängte zur Eile, betonte aber, er wolle sich nicht einmischen. Der Zustand mit einer Kommission auf Abruf und einer zweiten vor den Toren Brüssels dürfe nicht von Dauer sein. Der Kanzler warnte vor einer Krise, sollte der Streit nicht in den nächsten 14 Tagen gelöst werden.

Barroso sprach von "punktuellen Änderungen" seines Personaltableaus. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will er offenbar neben Buttiglione auch die lettische Kandidatin Ingrida Udre auswechseln. Gegen Udre, der in ihrer Heimat die Verwicklung in obskure Parteispenden nachgesagt wird, hatten christdemokratische, sozialdemokratische und grüne Abgeordnete im Straßburger Parlament massive Bedenken geäußert.

"Das ist der schlimmste aller Fälle", sagte der CDU-Abgeordnete Elmar Brok der SZ: "Die hat sich mit russischen Ölgeldern regelrecht eine Partei gekauft." EU-Diplomaten erwarten zudem, dass Barroso drei anderen Kommissaren neue Ressorts zuweist: Die Niederländerin Neelie Kroes (bisher Wettbewerbspolitik), der Ungar Laszlo Kovacs (Energie) und die Dänin Mariann Fischer Boel (Agrar) würden "leichtere Aufgaben" erhalten.

Buttiglione signalisierte Barroso inzwischen seine Bereitschaft zum Rückzug. Wie die SZ erfuhr, zeichnet sich ab, dass Barroso dem Griechen Stavros Dimas an Stelle Buttigliones das Justiz- und Innenressort anvertrauen könnte. Dimas war bisher für das Ressort Umwelt vorgesehen.

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi verlangt allerdings vom künftigen Kommissionpräsidenten, der Katholik Buttiglione dürfe "nicht das einzige Opferlamm" sein. Damit weiß er sich auf einer Linie mit den Christdemokraten im Parlament. Barroso fordert deshalb auch von der Regierung in Riga einen neuen Vorschlag.

Die Unterzeichnung der ersten Verfassung, die sich die EU geben will, stand ganz im Zeichen des Machtkampfes um die neue Kommission. Bei der Zeremonie an historischer Stätte würdigte Gastgeber Berlusconi die Geschichte der europäischen Integration: "Freiheit, Frieden und Wohlstand sind identisch mit einem vereinten Europa." Schröder sprach von einem "historischen Tag".

Die Staats- und Regierungschefs der 25 Mitgliedstaaten paraphierten die Verfassung im Saal des Konservatorenpalastes auf dem Kapitol, wo 1957 Italien, Deutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Luxemburg die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) unterschrieben hatten. In Kraft tritt die Verfassung erst, wenn sie von allen 25 Ländern ratifiziert ist.

© Süddeutsche Zeitung vom 30.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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