EU-Gipfel in Rom:Berlusconi: "Eine sehr schwierige Aufgabe liegt vor uns"

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Die Meinungen über die zukünftige Gestaltung Europas gehen innerhalb der Staaten der Europäischen Union weit auseinander. Dennoch versprachen die Regierungschefs beim Gipfeltreffen in Rom eine rasche Einigung über die EU-Verfassung.

Trotz massiver Meinungsverschiedenheiten haben die Staats- und Regierungschefs der bald 25 EU-Staaten ihren Bürgern eine rasche Verabschiedung der neuen EU-Verfassung zugesagt.

Bei der Europawahl im Juni 2004 "soll es den Bürgern Europas ermöglicht werden, ihre Stimme in voller Kenntnis der künftigen Architektur der Union ihre Stimme abzugeben", heißt es in einer feierlichen "Erklärung von Rom".

Dieses Versprechen gaben die Staats- und Regierungschefs am Samstag zum Auftakt ihrer Regierungskonferenz. Das Treffen wurde von gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei überschattet. Angesichts offener Auseinandersetzungen über einzelne Punkte der Verfassung appellierten mehrere Teilnehmer des Gipfeltreffens an ihre Kollegen, nationale Einzelinteressen hintanzustellen.

Berlusconi ruft Polen und Spanien zum Einlenken auf

Der italienische Ministerpräsident und EU-Ratspräsident Silvio Berlusconi rief vor allem Polen und Spanien zum Einlenken auf. "Eine sehr schwierige Aufgabe liegt vor uns", sagte der italienische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratsvorsitzende Silvio Berlusconi.

Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte sich erneut hinter den Verfassungsentwurf des EU-Konvents. Er sagte nach dem Verhandlungsauftakt, er rechne mit einem Durchbruch bei den zentralen Streitfragen der Verfassung erst in der Schlussphase im Dezember.

Spanien und Polen beharrten auf ihrer gemeinsamen Forderung, an der für sie vorteilhaften Stimmengewichtung gemäß dem EU-Vertrag von Nizza von Ende 2000 festzuhalten. "Die Abmachungen von Nizza zu untergraben hieße, zu den Debatten über das Gleichgewicht innerhalb der EU-Staaten zurückzukehren", warnte der polnische Regierungschef Leszek Miller.

Sein spanischer Amtskollege José Maria Aznar erklärte: "Spanien bleibt bei seiner Haltung zum Vertrag von Nizza, aber wir werden die Argumente der anderen Länder anhören." Schröder bekräftigte die deutsche Position, dass der Kompromiss des Konvents zur EU-Verfassung nicht verändert werden solle. "Jeder, der diesen Konsens aufbricht, muss einen neuen, gleichwertigen erreichen", sagte er.

Die Büchse der Pandora

Auch Frankreichs Präsident Jacques Chirac warnte die Konferenzteilnehmer davor, den einen oder anderen Aspekt des Kompromisses in Frage zu stellen: "Das würde unausweichlich die Büchse der Pandora öffnen und das Risiko eines Scheiterns der Regierungskonferenz mit sich bringen." Belgiens Premierminister Guy Verhofstadt meinte, ein "Aufribbeln des Textes" wäre ein "historischer Fehler".

Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel forderte wie die Vertreter anderer kleinerer Staaten hingegen, auch künftig müsse jedes EU-Land einen voll stimmberechtigten Kommissar nach Brüssel entsenden. Der finnische Außenminister Erkki Tuomioja wies den Wunsch nach unveränderter Übernahme des Konventstextes zurück. "Zum Präsidenten des Europäischen Rates gibt es keinen Konsens", sagte Tuomioja.

"Alle bewegen sich aber auf der Grundlage des Konvent-Entwurfs, niemand stellt sie in Frage", sagte Schröder. Ob es in den einzelnen Positionen Fortschritte und Annäherungen gebe, würden die nächsten Wochen zeigen. Ratspräsident Berlusconi meinte, ein Abschluss der Verhandlungen unter irischem EU-Vorsitz im kommenden Jahr wäre kein Drama.

Italien strebe aber ein Ergebnis noch in diesem Jahr an. Am Nachmittag nahmen die Außenminister die Verhandlungen über einzelne Streitpunkte wie den geplanten EU-Ratspräsidenten auf. Zu einem Zusammenhang zwischen den Verfassungsverhandlungen und den anstehenden Gesprächen über die mittelfristige Finanzplanung der EU sagte Schröder: "Alles hängt mit allem zusammen." Er fügte aber hinzu: Dies sei nicht im dem Sinne zu verstehen, "dass irgend jemandem irgendetwas abgekauft werden soll".

Der Spanier Aznar meinte, die Verhandlungen um die Verfassung und um die Finanzen seien zwei getrennte Dinge: "Aber man kann nicht ausschließen, dass eine Verbindung hergestellt wird", fügte Aznar hinzu.

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