EU-Eingreiftruppe vor Kongo-Einsatz:Deutschland zahlt, die anderen kämpfen

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Die EU-Eingreiftruppe steht vor ihrem ersten Kampfeinsatz in Kongo. Der Brüsseler Militärausschuss könnte Planungen schon nächste Woche abschließen. Berlin wird sich jedoch nur an den Kosten beteiligen.

(SZ vom 28.05.03) - Die neue EU-Friedenstruppe muss sich für einen bewaffneten Kampfeinsatz in Kongo rüsten. In Brüssel beschlossen die Botschafter der 15 Staaten am Dienstag, der EU-Militärausschuss solle schon bis Mitte nächster Woche Planungen für die von den Vereinten Nationen erbetene Friedensmission vorlegen.

Diplomaten halten es für wahrscheinlich, dass die Europäer bereits in der zweiten Juni-Woche bis zu 3000 Soldaten den Marschbefehl erteilen. Aus Kreisen der Bundesregierung hieß es, eine Beteiligung der Bundeswehr sei "bisher nicht" vorgesehen, Berlin wolle sich jedoch an den Kosten beteiligen.

50.000 Tote in vier Jahren

Ziel des nach Meinung von Brüsseler Militärexperten "extrem gefährlichen Einsatzes" wäre es, die Bürgerkriegsparteien im Nordosten Kongos zu trennen. In der Provinz Ituri liefern sich zwei Volksstämme brutale Gefechte, die nach Schätzungen von Beobachtern in den vergangenen vier Jahren etwa 50.000 Tote forderten und mehr als eine halbe Million Menschen vertrieben.

Vor allem Frankreich, das sich bereits zur Entsendung von tausend Soldaten bereit erklärte, dringt auf einen Einsatz der EU-Truppe. Auch Javier Solana, der Repräsentant für Europas Außenpolitik, macht sich dafür stark, dem Hilfegesuch von UN-Generalsekretär Kofi Annan zu entsprechen.

Die derzeit in Kongo stationierten 4000 UN-Blauhelme hatten sich zuletzt als unfähig erwiesen, die Lage in der rohstoffreichen Region unter Kontrolle zu bringen. Die EU-Regierungen machen die Entsendung ihrer Krisentruppe von einem Mandat des UN-Sicherheitsrats für einen "robusten Einsatz" abhängig.

Dies könnte "binnen weniger Tage" geschehen. Zudem verlangt vor allem Paris, dass die Nachbarländer Uganda und Ruanda, die jeweils eine der beiden Bürgerkriegsparteien in Kongo unterstützen, die EU-Mission ausdrücklich billigen. Nach Auskunft von Diplomaten erwägt neben Frankreich auch Schweden, eigene Soldaten zu stellen.

Kongo-Einsatz in Brüssel umstritten

Die ehemalige Kolonialmacht Belgien will zumindest die Versorgung der EU-Truppe sicherstellen. Im Gespräch ist auch die Beteiligung von Drittländern wie Südafrika, Russland und Kanada. Der geplante Kongo-Einsatz ist in Brüssel durchaus umstritten. Militärs warnen, die neue EU-Truppe verfüge noch "nicht über genügend Erfahrung für eine derart heikle Mission".

Erst Anfang März hatten die Europäer in Mazedonien mit der Stationierung ihrer Friedenstruppe "Concordia" einen ersten Militäreinsatz ohne Nato-Unterstützung unternommen. Die knapp 400 Soldaten konnten dabei jedoch auf den Erfahrungen einer vorherigen Nato-Truppe aufbauen.

Auch deshalb erwägt Frankreich offenbar weiterhin, notfalls in Kongo auch ohne ein offizielles EU-Mandat zu intervenieren. Die Deutsche Welthungerhilfe forderte den raschen Einsatz einer Eingreiftruppe. Die Vorsitzende Ingeborg Schäuble sagte, Deutschland sollte sich daran finanziell und materiell, aber nicht mit Soldaten beteiligen.

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